UrbanInsects: Fassadenintegrierte Habitat-Systeme für Insekten
Untersuchung bauphysikalischer Aspekte sowie der gesellschaftlichen Einstellung zu fassadenintegrierten Habitat-Systemen für Insekten
Hintergrund
Vielfach sind Insekten negativ konnotiert oder das Wissen ist auf eine Insektengruppe (Bienen) beschränkt. Während die meisten gefährdeten Arten durch ihr Aussterben in der westlichen Gesellschaft Bedauern hervorrufen, kommt für Insekten oft nur wenig Mitgefühl oder Akzeptanz auf. Sie werden als gefährlich wahrgenommen oder erzeugen Ekel. Zugleich gilt die Ansiedlung von Insekten auf oder in Fassaden als Schädlingsbefall.
Projekt
Den Verlust komplexer Lebensräume und Schutzmaßnahmen können künstliche Habitat-Systeme nicht ausgleichen, sie sind dennoch eine sinnvolle Zusatzmaßnahme zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zur Lebensraumerweiterung. Der Innovationsgehalt des Projektes liegt in der erstmaligen ganzheitlichen Betrachtung und Zusammenführung von gesellschaftlichen Belangen mit denen des Natur- und Umweltschutzes sowie der verfügbaren Technologien in diesem wichtigen Themenfeld.
Im Projekt "UrbanInsects" sollen daher fassadenintegrierte Habitat-Systeme entwickelt und erprobt werden. Dabei werden bauphysikalische, baukulturelle und soziale Aspekte berücksichtigt, um ein Höchstmaß an funktionaler Sicherheit und gesellschaftlicher Akzeptanz zu vereinen. Im Fokus steht die Schaffung von Habitaten für Insekten an Bestands- und Neubauten im öffentlichen und privaten Bereich. Das lebensräumliche Wirkpotenzial dieser Bauwerke soll wissenschaftlich erschlossen, technologisch erweitert und praktisch erprobt werden. Dabei gilt es, Risiken und Hürden für die Gestaltung der gebauten Umwelt zur Steigerung der biologischen Vielfalt zu identifizierten und zu überwinden. So dürfen die fassadenintegrierten Habitat-Systeme für Insekten dauerhaft weder die Gebäudesubstanz (Funktion, Erscheinungsbild) noch den Nutzerkomfort und die Einstellung gegenüber Insekten der Bewohnenden (im Gebäude, im Umfeld) beeinträchtigen.
Maßnahmen
Vorbehalte gegenüber Insekten betreffen z.B. die vielfältige Verwertung von gebräuchlichen Dämmstoffen, die Überwindung typischer Dichtungsebenen und die Lebensspuren auf anfälligen Sichtflächen. Allein das fundierte und interdisziplinär aufbereitete Wissen zu diesen Wechselwirkungen stellt daher einen Fortschritt dar. Das Projekt geht jedoch weiter, indem dieses Wissen in neuartige Lösungsansätze für fassadenintegrierte Habitat-Systeme vom Boden bis zum Dach mündet. Biozide Stoffe sind dabei ausgeschlossen, im Vordergrund stehen stattdessen konstruktive und intelligente Gestaltungsvarianten wie z.B. passive und aktive Schicht- und Flächenbarrieren, integrierte Hohlraumsysteme sowie natürlich auch eine geeignete Werkstoffauswahl. Die aktuell zunehmende Verwendung von Materialien mit biogenem Hintergrund oder aus nachwachsenden Rohstoffen stellt dabei eine der Herausforderungen dieses Projektes dar.
Eine weitere Herausforderung erwächst aus der erforderlichen Akzeptanz für die fassadenintegrierten Habitat-Systeme - sowohl für den mit ihnen verbundenen Aufwand als auch für die neue Nachbarschaft. Tragfähige Lösungen werden sich daher nur durch einen iterativen Austausch der Disziplinen entwickeln und vermitteln lassen. Dieser Notwendigkeit trägt das Projekt durch einen Verbund der Fachbereiche sowie durch ein enges Zusammenwirken von Wissenschaft und Praxis Rechnung. In diesem Sinne greift das verfolgte Konzept neben der Biodiversitätssteigerung auch Faktoren wie das Stadtklima und nachhaltiges Bauen sowie die Teilhabe und Interaktion in der Stadtgesellschaft auf.
Konkret umfasst das Projekt folgende Maßnahmen:
- Entwicklung partizipativer Kommunikationsformate zur Bewusstseinsbildung und zur positiven Einstellung gegenüber Insekten
- Entwicklung, Bau sowie Erprobung und Optimierung von zwei Habitat-Sastemen
- Einbau erprobter Systeme in Gebäudefassaden
- Dokumentation und Leitfaden zur Integration von fassadenintegrierten Habitat-Systemen in urbane Räume
- Reproduzierbares Monitoring-Konzept sowie Empfehlungen zur naturnahen Außenraumgestaltung
- Wissenstransfer aufbereiteter Ergebnisse in die Bevölkerung und Baupraxis