Öffnet eine externe Seite Link zur Startseite

Bundesamt für Naturschutz

Verbändeübergreifende Kooperation zum Management ländlicher Gebäudebrüter am Beispiel Rauchschwalbe

Arten
Gebiete und Lebensräume
Land- und Forstwirtschaft
Verbändeförderung
Gebäudebrüter im ländlichen Raum sind durch Modernisierungsmaßnahmen häufig von Nistplatzverlust und Nahrungsmangel betroffen. Das Projekt zeigt am Beispiel der Rauchschwalbe, wie diese mit einfachen Maßnahmen geschützt werden können.
Projektregionen
Europa
Inhaltliche Schwerpunkte
Nachhaltige Nutzung
Ökosystemleistungen
Zuständiges Fachgebiet
Fachgebiet II 1.1 Zoologischer Artenschutz
Laufzeit
15.03.2023 - 15.03.2025
Lage
Bundesweit, mit Schwerpunkt in Bayern
Die Abbildung zeigt adulte Rauchschwalben, die ihre Jungen im Nest füttern
Adulte Rauchschwalben füttern junge Rauchschwalben am Nest

Beschreibung

FKZ 3522V24170

Hintergrund

Als Frühlingsbotin kehrt die Rauchschwalbe pünktlich zum Frühlingsbeginn ab Ende März aus den Überwinterungsgebieten in Afrika zu uns zurück und bezieht ihre Brutgebiete. Mit ihren beeindruckenden Flugmanövern begeistern sie die Menschen jeden Sommer aufs Neue. Neben der Mehlschwalbe ist die Rauschschwalbe in Deutschland die häufigste Schwalbenart. Ihr Bestand wird aktuell auf 480.000 – 920.000 Reviere geschätzt, doch die Bestände der Rauchschwalbe nehmen seit einigen Jahrzehnten immer weiter ab. Heute wird sie auf der Vorwarnliste der bundesweiten Roten Liste deutscher Brutvögel geführt und vielerorts sind die Bestandszahlen weiter rückläufig. Als entscheidende Ursachen für die Bestandsverluste gelten ein immer geringeres Nahrungsangebot sowie das Verschwinden geeigneter Brutplätze und auch Verluste während des Vogelzugs und in den Überwinterungsgebieten fallen ins Gewicht.

Die Rauchschwalbe gehört zu den Kulturfolgern, ihr Vorkommen ist in Deutschland eng mit Landwirtschaft und Viehhaltung verknüpft. So besiedelt sie hauptsächlich Einzelgehöfte und bäuerlich geprägte Dörfer in der Agrarlandschaft. Dort nistet sie bevorzugt in Scheunen und Stallungen, welche vor Licht und Zugluft geschützte Nistplätze bieten. Ihre Nester mörteln sie mit Lehm an die Gebäudewände, welchen sie in Lehmpfützen etwa auf den Höfen selbst, auf unbefestigten Feldwegen oder auf Viehweiden finden, doch immer mehr kleinbäuerliche Betriebe geben auf oder werden modernisiert. In diesem Zuge gehen die notwendigen Strukturen für die Rauchschwalbe häufig verloren. Durch Versiegelung verschwinden Lehmpfützen und alte Stallungen werden durch moderne, zugige Offenställe ersetzt, in denen Rauchschwalben kaum noch geeigneten Nistplätze finden. Gleichzeitig wird das Nahrungsangebot für die Rauchschwalbe immer knapper. Rauchschwalben ernähren sich von Insekten, die sie im Flug fangen. Doch die Insektenbestände nehmen durch den Rückgang der strukturreichen Kulturlandschaft und dem damit einhergehenden Verlust blütenreicher Saum- und Heckenstrukturen in der Landwirtschaft, sowie dem Einsatz von Pestiziden immer weiter ab. Ist das Nahrungsangebot gering, wirkt sich dies negativ auf den Bruterfolg der Rauchschwalbe aus.

Als Gebäudebrüter ist die Rauchschwalbe auf die Akzeptanz des Menschen angewiesen. Doch immer wieder wird fälschlicherweise angenommen, dass Schwalbennester eine Hygienerisiko darstellen. Gezielte Nestentfernungen stellen darum ein weiteres Problem dar. Meist besteht Sorge, dass durch den Schwalbenkot Verunreinigungen etwa von Futtermitteln oder Gebäudewänden entstehen. Dem kann jedoch ganz einfach entgegengewirkt werden, indem ein Brett (sog. Kotbrett) unter dem Nest angebracht wird. Die Nestentfernung stellt dagegen einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz dar.

Viele Landwirte stehen der Rauchschwalbe sehr positiv gegenüber, denn allein an ihre Jungen füttern sie je Brut rund einen Kilogramm Insekten, was schätzungsweise 150.000 kleinen Fluginsekten wie Fliegen und Mücken entspricht. Damit tragen sie einen wichtigen Teil zur Stallhygiene bei. Um diesen positiven Effekt weiterhin zu wahren, benötigt es unterstützende Maßnahmen für die Rauchschwalbe in einer sich wandelnden Agrarlandschaft. Nur wenn Landwirtschaft und Naturschutz dabei Hand in Hand arbeiten, können Erfolge für die Rauchschwalbe erzielt werden. 

Projekt

Das Verbundvorhaben „Verbändeübergreifende Kooperation zum Management ländlicher Gebäudebrüter am Beispiel Rauchschwalbe“ zeichnet sich durch die Kooperation von Naturschutz- und Landwirtschaftsverband aus. Dabei zeigen der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. und der Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V. am Beispiel der Rauchschwalbe, wie der negativen Bestandsentwicklung von Gebäudebrütern entgegengewirkt werden kann. Mithilfe von Beratungsangeboten, Öffentlichkeitsarbeit und der Schulung von Multiplikator*innen soll das Bewusstsein für die Gefährdung von Gebäudebrütern geschaffen, sowie das Verständnis für notwendige Schutzarbeit gestärkt werden.

Im Projektverlauf nehmen Landwirtinnen und Landwirte aus über 100 Naturland-Betrieben deutschlandweit freiwillig an Beratungs- und Schutzmaßnahmen für die Rauchschwalbe teil. Hierfür werden die teilnehmenden Betriebe durch geschultes Personal des LBV besucht und direkt vor Ort beraten. Dabei wird die Hofstelle in Hinblick auf die Ausstattung für Rauchschwalben sowie die aktuelle Brutsituation erfasst und das Potenzial für direkte Schutzmaßnahmen ermittelt. Die Landwirt*innen werden zudem zu möglichen Fördermöglichkeiten beraten. Um die Brutplatzsituation zu verbessern, stehen innerhalb des Projekts 250 Schwalbenwinkel bereit, die auf teilnehmenden Betrieben an geeigneten Stellen aufgehängt werden. Bei den Schwalbenwinkeln handelt es sich um für Rauchschwalben geeignete Nisthilfen. Diese bestehen aus einem Holzkasten, der an zwei nebeneinanderliegenden Seiten geöffnet ist. Über der Bodenplatte bauen die Rauchschwalben dann ihre Lehmnester. Auch Schwalbenwinkel mit bereits vormontierten Kunstnestern kommen zum Einsatz, etwa auf Betrieben mit geringem Angebot an Nestbaumaterial. Auch das Angebot an Nestbaumaterial wird im Rahmen der Beratung begutachtet, sodass Lehmschalen aufgestellt oder Lehmpfützen angelegt werden können, wenn diese nicht im ausreichenden Maß vorhanden sind. Um den Erfolg der umgesetzten Maßnahmen zu prüfen, erfolgt ein Monitoring der Rauchschwalben auf den beteiligten Höfen.

Das Beratungsangebot kann als großer Erfolg des Projekts betrachtet werden denn bereits kurz nach Beginn des Projekts waren die Beratungskapazitäten voll ausgeschöpft. Die meisten teilnehmenden Betriebe befinden sich in Bayern, doch auch aus anderen Bundesländern gibt es Beteiligungen. Sogar konventionell geführte Betriebe ohne Bezug zum Naturland-Verband bekundeten ihr Interesse an einer individuellen Beratung zum Thema Gebäudebrüterschutz. Mit der Erarbeitung eines digitalen Handbuchs zum Schutz von Gebäudebrütern auf landwirtschaftlichen Betrieben sollen darum umfangreiche Informationen und Erfahrungen aus dem Projekt für alle Interessierten zur Verfügung gestellt werden. 

Um Rauchschwalben und weitere Gebäudebrüter auch langfristig und weitreichend zu schützen, stellt die Schulung von Multiplikator*innen einen wesentlichen Teil des Projekts dar. Hierfür werden mehrere Schulungsangebote für landwirtschaftliche Berater*innen des Naturland-Verbands durchgeführt. Dabei werden nicht nur Brutbiologie, Gefährdungsursachen und Schutzmaßnahmen vermittelt, es wird auch auf den gesetzlichen Schutz sowie Fragen zur Futtermittelhygiene im Zusammenhang mit Schwalbenvorkommen eingegangen. Bereits im ersten Projektjahr konnten knapp 40 Naturland-Berater*innen zum Thema Gebäudebrüterschutz geschult werden. Auch interessierte Fachkräfte aus Wissenschaft und Verwaltung konnten im Rahmen von Vorträgen und Führungen bereits geschult werden. 

Um auf Fragen und aktuelle Themen im Gebäudebrüterschutz auf Hofstellen eingehen zu können, wurden mehrere landwirtschaftliche Stammtische naturschutzfachlich durch den LBV begleitet. Die Stammtische werden durch Naturland-Berater*innen organisiert und dienen dem Austausch der Landwirt*innen der Region über teils tagesaktuelle Themen. Durch die Beteiligung des LBV ist es möglich auch auf Schwierigkeiten im Gebäudebrüterschutz näher einzugehen, Einzelfälle und regional auftretende Probleme zu besprechen. 

„Nur was man kennt, kann man schätzen und schützen“ besagt ein wichtiger Leitspruch im Naturschutz. Im Rahmen von mehreren Aktionstagen soll darum über verschiedene Mitmachaktionen das Interesse an Rauchschwalben und anderen Gebäudebrütern geweckt werden. Auf einem Hoffest im Herbst 2023 konnten die Besucher*innen unter fachkundiger Anleitung so etwa Schwalbenwinkel bauen.

Um das fleißige Treiben am Rauchschwalbennest zu zeigen, wurden zwei Webcams an besetzten Nestern installiert. Dort kann während der Brutsaison von Mai bis Juli das Brutgeschehen über die LBV-Website live mitverfolgt werden. In einem dazugehörigen Chat können sich die Beobachter*innen austauschen und Fragen stellen. Aber auch über die Ansprüche von verschiedenen Gebäudebrütern sowie erforderliche Schutzmaßnahmen wird anhand von Broschüren und auf der LBV-Website informiert. Dadurch soll auch zu einer Abnahme von Vorurteilen und Nester(zer)störungen beigetragen werden. 

Ausblick

Die hohe freiwillige Beteiligung von Landwirt*innen an den Beratungsangeboten zur Rauchschwalbe und weiteren Gebäudebrütern zeigt, dass Landwirtschaft und Naturschutz bereit sind, Probleme und Herausforderungen gemeinsam in Angriff zu nehmen. Das Projekt bildet dabei einen wichtigen Grundstein und zeigt, was bei einer gemeinsamen Herangehensweise erreicht werden kann. Da Nisthilfen von Rauchschwalben meist erst im zweiten oder dritten Jahr nach der Anbringung beziehen, wird sich der Effekt der umgesetzten Schutzmaßnahmen auch in die Zeit nach dem Projekt auswirken. Die Schulung von Naturlandberater*innen stellt zudem sicher, dass Naturland-Hofstellen auch in Zukunft zu dem Thema Gebäudebrüter naturschutzfachlich beraten und unterstützt werden. 

Zuwendung (bestimmt) für

Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV)
Rieke Wüpping
Eisvogelweg 1 , 91161 Hilpoltstein

In Kooperation mit

Naturland- Verband für ökologischen Landbau e.V
Kleinhaderner Weg 1, 82166 Gräfelfing
089 898082-0

Förderung durch

Bundesamt für Naturschutz mit Fördermitteln aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)

Kontakt im BfN

Marei Lehmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Fachgebiet II 1.1 Zoologischer Artenschutz
0228 8491-1423
Zurück nach oben