Wilde Mulde


Wilde Mulde – Revitalisierung einer Wildflusslandschaft in Mitteldeutschland
Hintergrund
Große Fließgewässer und ihre Uferbereiche gelten in ihrer natürlichen Ausprägung als Hotspots der Biodiversität. Durch ihre hohe räumliche und zeitliche Heterogenität bieten sie eine Vielzahl kleinräumig miteinander verzahnter Habitate. Die meisten Flüsse in Deutschland sind jedoch in ihrer natürlichen Dynamik durch Hochwasserregulierungsmaßnahmen eingeschränkt. Typische Arten der Flussaue sind dadurch vielerorts im Rückgang oder bereits gefährdet. Zahlreiche Revitalisierungsprojekte in der Vergangenheit beschränkten sich meist auf die Umsetzung von Maßnahmen. Wissenschaftliche Begleituntersuchungen fehlen oder konzentrieren sich nur auf ein Fachgebiet.
Projekt
Das Wilde Mulde-Projekt am Unterlauf der Mulde bei Dessau-Rosslau kombinierte die Umsetzung von Revitalisierungsmaßnahmen mit der wissenschaftlichen Begleitung durch ein interdisziplinäres Forscherteam. Ziel war die Verbesserung der Struktur- und Habitatvielfalt des Gewässers durch das Einbringen von Rau-Bäumen und die Wiederherstellung natürlicher Flussufer durch die Rücknahme von Verbauungen. Durch die Untersuchung biotischer und abiotischer Parameter wurden die Effekte der Maßnahmen für das Ökosystem beobachtet und bewertet. Dazu diente die Anlage eines BACI (Bevor-After-Impact-Control)-Untersuchungsdesigns mit gemeinsamen Probeflächen, welche die Synergien zwischen unterschiedlichen Fachbereichen nutzbar machen und verallgemeinerbare Aussagen bezüglich Revitalisierungsmaßnahmen in Flusssystemen ermöglichen.
Die Schlüsselfragen waren: Welche Auswirkungen haben die Maßnahmen auf die Diversität und Zusammensetzung von Artengemeinschaften im aquatischen, semiterrestrischen und terrestrischen Bereich? Wie ist die Revitalisierung in Bezug auf die Schutzziele der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS), Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) und Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu bewerten? Welche Wirkungsbeziehungen bestehen zwischen der Biodiversität und den in den anderen Arbeitspaketen gewonnenen Daten bezüglich der Parameter Hydrodynamik, Habitatstruktur, Nährstoffe etc.?
Vor und nach der Umsetzung der Maßnahmen werden sowohl die Abundanz als auch die taxonomische und die funktionelle Diversität und Zusammensetzung der Artengemeinschaften je Standort untersucht (alpha-Diversität). Ebenso wurde ein Vergleich zwischen verschiedenen Habitaten (Beta-Diversität) vor und nach der Revitalisierung gezogen. Über Habitatmodelle wird die Bindung an durch die Revitalisierungsmaßnahmen beeinflusste Habitateigenschaften erfasst. Weiterhin erfolgt eine Quantifizierung des Einflusses der Uferrevitalisierung auf die taxonomische und funktionelle Zusammensetzung der Laufkäfer-Artengemeinschaften und auf die Abundanz der Fließgewässerlibellen. Mit Hilfe der einschlägigen FFH-Bewertungsschlüssel wird der Einfluss der Maßnahmen auf den FFH-Erhaltungszustand der Fließgewässerlibellen beurteilt.
Umsetzungspartner: WWF Deutschland
Forschungspartner: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ); Technische Universität Braunschweig; Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden; Universität Leipzig; Leibniz-Universität Hannover