BfN Schriften 603 - Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde terrestrische Moose, Flechten und Pilze
Beschreibung
Von weltweit 15.344 Moosarten werden 139 Moosarten (0,9%) in einem oder mehreren Ländern als ge-bietsfremd angesehen (Essl et al. 2013, Mateo et al. 2015). In Europa sind 32 Arten zumindest in einem Land gebietsfremd, davon sind 11 Lebermoose und 21 Blattmoose (Essl & Lambdon 2009). Weitere 13 Moosarten gelten in Europa als kryptogen, da deren Status „heimisch“ oder „gebietsfremd“ bislang nicht eindeutig geklärt werden konnte (Essl & Lambdon 2009). Insgesamt kommen in Europa rund 1.800 Moosarten vor (Söderström et al. 2002, Hill et al. 2006, Hodgetts et al. 2020). Für Deutschland sind 1.507 Moosarten inklusive untergeordneter Taxa bekannt (Meinunger & Schröder 2007a, b, c), von denen nach der aktuellen Roten Liste Deutschlands 1.195 Arten als etabliert gelten (Caspari et al. 2018). Gebiets-fremde Moosarten machen in Europa 1,8% am Gesamtartenbestand der Moose aus, ein zu den Gefäßpflanzen mit ca. 10% gebietsfremden Arten vergleichsweise sehr geringer Anteil (Essl & Lambdon 2009). Ein wichtiger Grund für diesen Unterschied ist, dass infolge des deutlich größeren Mangels an historischen Verbreitungsdaten für Moose (Magill 2010, Mutke & Geffert 2010) eine ursprünglich gebietsfremde Herkunft einzelner Moosarten gar nicht erst erkannt wird bzw. nicht in ausreichendem Maße belegt werden kann (Essl et al. 2013, Hodgetts et al. 2020).
Weltweit sind rund 20.000 Flechtenarten beschrieben (Feuerer & Hawksworth 2007). Auf Grund von Erfassungsmängeln ist jedoch mit einer deutlich höheren Anzahl von Arten zu rechnen. Auch in Mitteleuropa und speziell in Deutschland werden erst seit einigen Jahrzehnten umfassendere Erhebungen zur Flechtenflora durchgeführt. Nach der aktuellen Roten Liste Deutschlands gelten 1.946 Flechtenarten inklusive untergeordneter Taxa als etabliert (Wirth et al. 2011). Für Europa konnte bislang keine Flechtenart als gebietsfremd nachgewiesen werden, einige wenige gelten als kryptogen (Essl & Lambdon 2009). Sehr wahrscheinlich ist das „Fehlen“ jeglicher gebietsfremder Flechtenarten vor allem darauf zurückzuführen, dass zuverlässige Daten zur Flechtenflora Mitteleuropas nur etwa 150 Jahre zurückreichen (Wirth 1976). Trotz intensivierter Forschung ist die benötigte Datengrundlage damit nicht ausreichend, um gebietsfremde Herkünfte eindeutig belegen zu können (Breuss 2002). Zudem gibt es weltweit insgesamt nur wenige Hinweise auf eine anthropogen bedingte Einbringung von Flechten außerhalb ihrer Ursprungsgebiete (Breuss 2002, Essl & Lambdon 2009).