BfN-Schriften 692 - Herdenschutz am Steilhang in der Praxis
Beschreibung
Die Weidewirtschaft im Mittel- und Hochgebirge in Deutschland steht vor besonderen Herausforderungen. Eine starke Hangneigung, mangelnde Zugänglichkeiten der Weideflächen, unruhiges Relief, die Querung von Bachläufen oder die Unübersichtlichkeit der Flächen durch Felsblöcke und Gehölzstrukturen erschweren die Beweidung und damit den Herdenschutz. Der Mittel- und Hochgebirgsraum befindet sich erst am Beginn der Wolfsausbreitung, sodass bisher noch verhältnismäßig wenig Erfahrungen mit Wolfsübergriffen vorliegen. Von einer Zunahme der Wolfspopulation und einer Ausdehnung der Besiedlung ist in den kommenden Jahren auszugehen, sodass ein umfassender Herdenschutz für alle Betriebe ein wichtiges Thema ist.
Mit der Kombination von elektrifizierten Zäunen und Herdenschutzhunden sowie einer Behirtung sehen sich die Betriebe gegenüber potentiellen Wolfsübergriffen insgesamt gut gerüstet. Alle Betriebe haben aber durch den Herdenschutz einen deutlichen Mehraufwand an Arbeitszeit, Personal, Investitions- und Betriebskosten sowie in Bezug auf Qualifikation und Schulung des eingesetzten Personals. Vor allem der regelmäßige Unterhalt stellt bei stationären Zäunen einen sehr hohen Zeit- und Kostenfaktor dar. Werden Herdenschutzhunde angeschafft, müssen die betrieblichen Abläufe angepasst und umgestellt werden. Viele Betriebe berichten, dass sie durch die Schutzhunde weniger Störungen und Übergriffe durch fremde Hunde in den Flächen haben, allerdings mehren sich auch Akzeptanzprobleme bei Tourist*innen und Anwohner*innen, die für die Erfordernisse des Herdenschutzes kein offenes Ohr haben.
Zentral für die Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen in Steillagen ist neben der Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel auch eine Aufklärung und Beteiligung der Öffentlichkeit und der Tourismusverbände. So können individuelle Herdenschutzlösungen auf diesen Sonderstandorten gefunden werden.