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Bundesamt für Naturschutz

Proserpinus proserpina - Nachtkerzenschwärmer

Geschützt nach
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1076
Artengruppierung
Schmetterlinge
Synonyme
Pterogon proserpina, Proserpinus proserpinus, Kleiner Oleanderschwärmer, Uferweidenröschenflur-Zackenrandschwärmer
Status Rote Liste Deutschland
(Rennwald, Sobczyk, Hofmann 2011): * (Ungefährdet)

Beschreibung

Weidenröschen als Lieblingsnahrung

Die Raupen des Nachtkerzenschwärmers fressen zwar auch an Nachtkerzen, vor allem aber an verschiedenen Weidenröschen. Die Pflanzen wachsen an feuchten und frischen, gelegentlich auch trockenen Standorten und müssen zudem gut besonnt sein, um das Wärmebedürfnis der Raupen zu befriedigen. Aber auch die Falter benötigen reichlich Nahrung, so dass der Lebensraum erst vollständig ist, wenn ausreichend Nektarpflanzen wie Wiesen-Salbei oder Natternkopf in der Nähe sind. Die Tiere sind vor allem in der Dämmerung aktiv. Über Entstehung, Entwicklung und Verbund der Vorkommen ist kaum etwas bekannt. Die Falter oder Raupen werden immer wieder an verschiedenen Stellen beobachtet, bilden dort aber selten längerfristige Vorkommen.

Lebensraum

Die Lebensräume des Nachtkerzenschwärmers sind zweigeteilt.

Die Raupen sind oft an Wiesengräben, Bach- und Flussufern sowie auf jüngeren Feuchtbrachen zu finden. Es handelt sich meist um nasse Staudenfluren (d.h. Flächen, die von mehrjährigen, hochwachsenden, krautigen Pflanzen bestanden sind), Flussufer-Unkrautgesellschaften, niedrigwüchsige Röhrichte, sowie Feuchtkies- und Feuchtschuttfluren. Daneben werden sie jedoch auch an sehr unterschiedlichen Lebensräumen aus zweiter Hand (Sekundärstandorten) gefunden, wie an naturnahen Gartenteichen, Weidenröschen-Beständen in weniger feuchten bis trockenen Ruderalfluren (d.h. vom Menschen stark geprägten Flächen, auf denen bestimmte Pflanzenarten spontan aufkommen), Industriebrachen, Bahn- und Hochwasserdämmen, Waldschlägen, Steinbrüchen sowie Sand- und Kiesgruben.

Die Falter werden dagegen bei der Nektaraufnahme z.B. auf Salbei-Glatthaferwiesen, Magerrasen und anderen gering genutzten Wiesen sowie trockenen Ruderalfluren beobachtet.

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Der Lebensraum des Nachtkerzenschwärmers ist insbesondere im Bereich verschiedener Weidenröschenarten (Epilobium sp.) zu finden: Sie sind die wichtigsten Nahrungspflanzen der Raupen. Im Einzelnen ist die Nutzung folgender Weidenröschen-Arten bekannt: Zottiges Weidenröschen (E. hirsutum), Kleinblütiges Weidenröschen (E. parviflorum), Vierkantiges Weidenröschen (E. tetragonum), Schmalblättriges Weidenröschen (E. angustifolium), Rosmarin-Weidenröschen (E. dodonaei). Daneben werden jedoch auch die Namen gebenden Nachtkerzen (Oenothera sp., z.B. mehrfach O. glazioviana, Garten-Nachtkerze) von den Raupen genutzt. Meldungen gibt es auch von Fuchsien (Hermann & Trautner 2011) und im Einzelfall von Blutweiderich (Lythrum salicaria); beide Nahrungspflanzen sind in Deutschland sicher nur von untergeordneter Bedeutung (Rennwald 2005).

Die Raupen werden oft an Wiesengräben, Bach- und Flussufern sowie auf jüngeren Feuchtbrachen mit Weidenröschen gefunden. Es handelt sich meist um nasse Staudenfluren (d.h. Flächen, die von mehrjährigen, hochwachsenden, krautigen Pflanzen bestanden sind), Flussufer-Unkrautgesellschaften, niedrigwüchsige Röhrichte, sowie Feuchtkies- und Feuchtschuttfluren. Daneben werden sie jedoch auch an sehr unterschiedlichen Sekundärstandorten gefunden, wie an naturnahen Gartenteichen, Weidenröschen-Beständen in weniger feuchten bis trockenen Ruderalfluren (d.h. vom Menschen stark geprägten Flächen, auf denen bestimmte Pflanzenarten spontan aufkommen), Industriebrachen, Bahn- und Hochwasserdämmen, Waldschlägen, Steinbrüchen sowie Sand- und Kiesgruben. Auch auf Brachäckern wurden Raupen festgestellt (Südhessen, Ernst 1994). Die besiedelten Pflanzen müssen gut besonnt sein, um dem Wärmebedürfnis der Tiere gerecht zu werden (Drews 2003).

Die Falter werden dagegen bei der Nektaraufnahme z.B. auf Salbei-Glatthaferwiesen, Magerrasen und anderen gering genutzten Wiesen sowie trockenen Ruderalfluren beobachtet. Blütenbesuch ist von einer ganzen Reihe verschiedener Pflanzen beobachtet worden, öfters hervorgehoben werden Natternkopf (Echium vulgare) und Wiesen-Salbei (Salvia pratensis) (z.B. SBN 1997, Rennwald 2005).

Diese Zweiteilung des Lebensraumes beruht vermutlich darauf, dass zur Flugzeit (etwa Mai und Juni) in den feuchten Larvallebensräumen keine geeigneten Nektarpflanzen zu finden sind. Es wurde daher vermutet, dass das Nebeneinander von Raupen- und Nektarlebensräumen für das Vorkommen des Nachtkerzenschwärmers von Bedeutung ist (Rennwald 2005). Verschiedene aktuelle Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass auch in feuchten Lebensräumen geeignete Nektarquellen vorhanden sein können bzw. eine enge Verzahnung nicht notwendig ist (vgl. Hermann & Trautner 2011).

Auffällig ist beim Nachtkerzenschwärmer, dass nur selten bestimmte Standorte mehrere Jahre hintereinander besiedelt sind. Nach vorliegenden Beobachtungen werden vielmehr Raupen oder Falter, die in einem Jahr festgestellt werden, in den folgenden Jahren an gleicher Stelle nicht mehr gefunden, obwohl der Lebensraum augenscheinlich weiterhin geeignet ist. Genauso unerwartet tauchen die Tiere plötzlich irgendwo auf, wo sie noch nicht gefunden worden waren. Dies ist ein typisches Verhalten von Pionierarten. Daraus wird auf eine hohe Mobilität geschlossen, wenn auch immer wieder nahe gelegene, geeignet erscheinende Lebensräume nicht besiedelt werden.

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Die Flugzeit des Nachtkerzenschwärmers reicht meist von etwa Mitte Mai bis Mitte Juni. Die Tiere sind in ihrer Erscheinungszeit jedoch auffällig variabel; in manchen Jahren werden schon Ende April die ersten Falter gesichtet, während sie in anderen Jahren bis Ende Juli fliegen können. Damit ist auch die folgende zeitliche Entwicklung entsprechenden Schwankungen unterzogen. Vermutlich ist das Erscheinen der Falter stark vom vorangegangenen Witterungsverlauf abhängig (Drews 2003). Während der Flugzeit benötigen die Falter Nektarquellen, die nur von in diesem Zeitraum noch ungemähten Wiesen oder Brachen mit bereits blühenden Pflanzen bereitgestellt werden.

Die Eier werden meist einzeln oder zu zweit an die Blattunterseiten der Nahrungspflanzen abgelegt. Die aus den Eiern schlüpfenden Raupen beginnen zu fressen und können bei guten Bedingungen bereits nach 2-3 Wochen fertig ausgewachsen sein. Bei schlechtem Wetter kann es mehr als doppelt so lange dauern. Die Raupenzeit ist meist im Juli, kann sich aber von Anfang Juni bis September ziehen (Drews 2003). Eine Suche nach Raupen kann in warmen Jahren schon um den 20. Juni begonnen werden, ansonsten Anfang oder Mitte Juli (Rennwald 2005).

Die Raupen sind weitgehend in der Abenddämmerung und nachts aktiv und befressen dann die Blätter, aber auch die Blüten. Die kleineren Raupen bleiben auch im Blütenstand sitzen, wo sie mit ihrer grünen Färbung hervorragend getarnt sind (Rennwald 2005). Tagsüber ruhen die Raupen versteckt an der Pflanze oder in ihrer Umgebung unter Blattresten oder Steinen, auffällig sind aber die Fraßspuren und Kotballen (z.T. auch bei kleinen Raupen, Miller 1998).

Die Raupen können bis 5-6 cm lang werden (SBN 1997) und sind dann auffällig, da sie teilweise auch weit umher laufen, bis sie sich verpuppen (Beobachtungen bis mind. 100 m, in Traub 1994).

Zur Verpuppung wandern die Raupen entweder in extra gegrabene Höhlen in der Erde oder unter Blätter am Erdboden, wo sie dann bis zum Frühsommer überwintern (SBN 1997). Erst dort sind sie gegenüber einer Nutzung im Bestand der Nahrungspflanzen geschützt. Ob jedoch die Puppe durch die mit der Nutzung ihres Lebensraums verbundenen Veränderungen (z.B. Kleinklima, Fressfeinde) geschädigt wird, ist unbekannt. Da die Raupe sich nicht sehr tief eingräbt, könnte sich ggf. auch ein Einfluss ergeben. Aufgrund der weiten Strecken, die von der ausgewachsenen Raupe zurück gelegt werden können, kann der Verpuppungslebensraum außerdem deutlich vom Raupenlebensraum getrennt sein (Hermann & Trautner 2011). Näheres, z.B. wie häufig diese Trennung auftritt, ist dazu nicht bekannt.

Insgesamt müssen die Bestände der Weidenröschen oder anderen Nahrungspflanzen über den Sommer bestehen bleiben, um den Raupen eine vollständige Entwicklung zu ermöglichen. Aufgrund der variablen Flug- und Raupenzeit kann - je nach Jahresverlauf - eine Nutzung erst ab September verträglich sein. Erschwerend kommt hinzu, dass sich in manchen Jahren anscheinend eine partielle 2. Generation bildet, d.h. dass einige Puppen sofort schlüpfen und noch mal Falter auftreten – die auch wieder Eier legen.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

Die Art ist vermutlich sehr mobil und somit jederzeit in der Lage neue Lebensräume zu nutzen und neue Vorkommen zu gründen. Beobachtungen zeigen aber, dass neue geeignete Lebensräume oft nur vorübergehend besiedelt werden. Zur Größe und zum Aufbau von Populationen ist nahezu nichts bekannt, genauso fehlen Studien zur Mobilität. Rennwald (2005) nimmt an, dass die Art in Populationsverbünden (Metapopulationen) auftritt.

Genauere Angaben zur Abgrenzung der lokalen Populationen können daher nicht gemacht werden.

Gefährdung

Gefährdungsursachen

Die Gefährdungsursachen sind nicht ausreichend bekannt, lokale Nachweise sind meist nur zeitlich begrenzt (auf ein oder wenige Jahre), ohne dass Gründe für das Verschwinden genannt werden können. Problematisch sind aber eine sommerliche Nutzung in den Lebensräumen der Raupen und eventuell der Verlust von geeigneten Nektarpflanzen in der Nähe zu Raupenlebensräumen.

Land- und Forstwirtschaft

  • Mahd von Wald- und Wegrändern vor oder während der Raupenentwicklungszeit (jahrweise unterschiedlich bis August)
  • Mahd oder Reinigung von Gräben sowie Bach- und Flussufern vor oder während der Raupenentwicklungszeit (jahrweise unterschiedlich bis August)
  • Aufforstung geeigneter Lebensräume, Fehlen von Waldschlägen mit Weidenröschen
  • Eventuell Mahd von Nektarlebensräumen in relativer Nähe von Raupenlebensräumen vor oder während der Flugzeit der Falter (bis Ende Juni). Dieser Punkt ist umstritten, da es auch Erfahrungen gibt, die darauf hinweisen, dass den eng benachbarten Nektarlebensräumen keine Bedeutung zukommt

Sonstige

  • Verlust von Nektar- oder Raupenlebensräumen durch Bebauung
  • Spritzmitteleinsatz an Straßenrändern und Bahndämmen

Erhaltungsmaßnahmen

Landwirtschaft

  • Erhaltung ungemähter und ungeräumter Grabenränder sowie Bach- und Flussläufe mit Weidenröschen. Falls unbedingt notwendig nur abschnittsweise Pflege im Herbst (ab September) oder Winter
  • Erhaltung aller Bestände mit Weidenröschen oder Nachtkerzen. Dort Mahd frühestens ab September oder im Winter, möglichst abschnittsweise
  • Kein Einsatz von Spritzmitteln im Bereich von Beständen der Raupenfutterpflanzen
  • Erhaltung und früheste Mahd von Nektarlebensräumen (z.B. blütenreiche Randstrukturen, Brachen, Trockenlebensräume) ab Juli

Forstwirtschaft

  • Erhaltung abwechslungsreicher Waldrandlagen und Weg- und Gewässerränder mit Weidenröschen oder Nektarquellen durch abschnittsweise Mahd frühestens ab September (bei Nektarquellen ab Juli)
  • Erhaltung und soweit möglich Schaffung von gut besonnten Waldschlägen und Lichtungen aller Art mit Weidenröschen-Beständen

Sonstige Maßnahmen

  • Einbeziehung von Brachen und deren immerwährende Neuschaffung bei Artenhilfsmaßnahmen

Erhaltungszustand

  • Atlantische Region: unbekannt
  • Kontinentale Region: unbekannt

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • Finanzierungsinstrument der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
  • Vertragsnaturschutzprogramme der Länder (z.B. Agrarumweltmaßnahmen in Bayern/Förderwegweiser für Agrarumweltmaßnahmen in Bayern)

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Ralf Bolz
sbi - silvaea biome institut
Buchstr. 15
91484 Sugenheim

Dr. Steffen Caspari
Dillinger Str. 35
66606 St. Wendel

Wilfried Hasselbach
Heimersheimer Str. 18
55234 Albig

Gabriel Hermann
Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung J. Trautner
Johann-Strauß-Str. 22
70794 Filderstadt

Andreas C. Lange
Aarblick 25
65307 Bad Schwalbach-Hettenhain

Alexander Wenzel
Rennweg 4
35091 Cölbe-Bürgeln

Autor

Matthias Dolek

Unter Mitarbeit von

Christian Anton, Burkhard Beinlich, Markus Bräu, Stefan Brunzel, Steffen Caspari, Caroline Dal-Cin, Adi Geyer, Stefan Hafner, Gabriel Hermann, Michael Krämer, Kathrin Landsdorfer, Andreas Lange, Erwin Rennwald, Matthias Simon, Karola Gießelmann, Rainer Ulrich, Volker Wachlin, Thomas Widdig

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