Ein selbstorganisierter Naturpark – der Volkspark Lichtenrade in Berlin
Worum geht es?
Einen Park selber machen und unterhalten
Der Volkspark Lichtenrade ist ein selbstverwalteter Park in Berlin Tempelhof-Schöneberg. Vor der Wiedervereinigung bildete der Stadtteil Lichtenrade den südlichen Zipfel West-Berlins, auf drei Seiten von der Mauer eingeschlossen und mit begrenztem Zugang zu Grün- und Freiflächen. Als 1979 weitere Bebauung geplant war, besetzten Anwohnende das Gebiet des heutigen Parks als Akt des friedlichen Protests und pflanzten Bäume. Aus der Bürger*inneninitiative, die den Protest organisiert hatte, entstand 1981 der Trägerverein Lichtenrader Volkspark e. V., der den Park bis heute unterhält. Das Grundstück, das sich im Eigentum der Evangelischen Kirche befand, wurde an das Land Berlin verkauft und wird seitdem an den Trägerverein verpachtet.
Heute ist der Volkspark Lichtenrade ein 4,5 Hektar großer Naturpark mit Spielplatz und eigenem Bauhof. Er wird nicht nur von der Nachbarschaft, sondern auch von Besuchenden aus anderen Bezirken genutzt. Der Trägerverein war die erste Initiative in Deutschland, die einen öffentlich zugänglichen Park angelegt, gepflegt und finanziert hat, und wurde für sein Engagement mehrfach ausgezeichnet.
Wachsen lassen und Biotopvielfalt fördern
Der Park weist eine große Vielfalt an Pflanzen und Tieren auf und unterscheidet sich durch die hohe Pflanzenvielfalt von herkömmlichen Parks. Zu den Bäumen gehören einheimische Arten wie Birke, Ahorn, Weiden und Schwarzerlen, aber auch gestiftete Bäume wie Ginkgo und Mammutbaum. Die Wiesen sind spontan gewachsen. Viele Teilbereiche des Parks werden nur extensiv gepflegt oder entwickeln sich eigenständig als Stadtwildnis, darunter ein kleines Wäldchen. Seit 2019 wird der Park als Naturpark gestaltet. Die aktiven Vereinsmitglieder legten viele Biotope an, darunter Wildblumen- und Obstwiesen, Sandinseln, Wildgehölzhecken, Saumbiotope, Trockenmauern sowie Behausungen für unterschiedliche Arten wie Igelkeller, Insektennisthilfen und Vogel- und Fledermauskästen. Anstatt das Landschaftspflegematerial extern zu entsorgen, wird es wieder im Park ausgebracht, zum Beispiel indem Mulch für Wege gehäckselt, Holz als Beetabgrenzung oder Totholzhaufen verwendet oder kompostiert wird.
Wie wurde es gemacht?
Parkmanagement ehrenamtlich stemmen
Der Park wird von Freiwilligen in Eigenarbeit unterhalten. Ein gutes Dutzend aktive Mitglieder trifft sich zweimal pro Woche, um im Park zu arbeiten. Die Arbeit ist oft körperlich anstrengend und umfasst unter anderem Müll sammeln, Biotoppflege und Instandhaltungsarbeiten. Auch Vandalismus und illegale Müllablage erzeugen Arbeitsaufwand. Bei Konflikten mit Nutzenden versuchen die Engagierten diese anzusprechen, damit sie beispielsweise ihren Müll mitnehmen oder Hunde anleinen. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg leistet unregelmäßig finanzielle Unterstützung und Beratung und übernimmt einige Instandhaltungsaufgaben. Geräte, Maschinen, Lager- und Gemeinschaftsräume wurden zum Teil durch geförderte Projekte finanziert. Weiterhin bezieht der Park in geringem Umfang Spenden, Sponsoring und Mitgliedsbeiträge.
Lokales Netzwerk pflegen und sichtbar sein
Der Parkverein unterhält ein Netzwerk zu anderen örtlichen Vereinen und Unternehmen, die gegenseitige Hilfe, Fachwissen oder materielle Unterstützung, wie beispielsweise die Versorgung mit Maschinen oder Pflanzen, anbieten. Der Parkverein kooperiert mit dem Quartiersmanagement und lädt regelmäßig Politiker*innen ein, um auf die Bedeutung des Parks für den Bezirk aufmerksam zu machen. Im Park finden öffentliche Feste und Veranstaltungen statt und der Parkverein kommuniziert die vielfältigen Aktivitäten auf einer eigenen Internetpräsenz sowie auf sozialen Medien.