Ein Aktionsplan für den Kleinabendsegler
Beschreibung
FKZ 3522151200
Hintergrund
Der Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri) ist eine in Deutschland seltene Fledermausart (Meinig et al. 2020), die im offenen Luftraum jagt und saisonal über weite Strecken migriert. Eine besondere Gefährdung geht für diese Art daher von Windenergieanlangen aus. In einigen Bundesländern gilt der Kleinabendsegler als ‚gefährdet‘ oder gar ‚stark gefährdet‘ (Meinig et al. 2020). Die Datenlage zur Biologie, Verbreitung und Populationsgrößen ist allerdings ungenügend, um einen kurz- oder langfristigen Bestandstrend zu schätzen oder eine nationale Rote-Liste-Kategorie zu vergeben. Aufgrund dieser Wissenslücken ist es aktuell schwierig ein geeignetes Schutzprogramm zu entwickeln. In dem Anfang 2023 gestarteten Vorlaufvorhaben im nationalen Artenhilfsprogramm werden daher zunächst Kenntnislücken zur Ökologie des Kleinabendseglers durch Forschungen gefüllt und dann auf dieser Basis ein Arten-Aktionsplan für den Kleinabendsegler erarbeitet.
Das Projekt
Ziel des Projektes ist es, die Verbreitung und Populationsstruktur der Sommer-, Herbst- und Winterpopulationen des Kleinabendseglers in Deutschland sowie die saisonalen Zugbewegungen besser zu verstehen. Folgende Fragestellungen werden bearbeitet:
- Verbreitung des Kleinabendseglers: Es werden Verbreitungs- bzw. Vorkommensdaten z.B. aus Länderdatenbanken und Gutachten zusammengetragen. Außerdem werden Kastenkontrollen im Winter durchgeführt, um die Winterverbreitung der Art weiter zu erforschen. Anhand der gewonnenen Daten werden Verbreitungsmodelle entwickelt.
- Genetische Strukturanalysen: Da die Verbreitung alleine noch nichts über Populationsstrukturen und -beziehungen aussagt, soll eine genetische Strukturanalyse durchgeführt werden. Dazu werden genetische Proben aus Wochenstuben, Paarungs- und Überwinterungsgesellschaften in Deutschland und Südeuropa analysiert.
- Entwicklung eines Populationsmonitorings und Analyse von Bestandstrends: Als Voraussetzung für eine valide Schätzung von Bestandstrends soll ein funktionierendes Populationsmonitoring erarbeitet werden. Dazu werden Tiere in mehreren Kastengebieten mit Wochenstuben- bzw. Überwinterungskolonien beringt und die Kästen anschließend über mehrere Jahre hinweg kontrolliert. Anhand von Fang-Wiederfang-Analysen werden Überlebensraten, Bestandstrends und Populationsgrößen berechnet und auf dieser Basis ein geeignetes Monitoring-Schema entwickelt.
- Habitatstruktur: Anhand von Habitatstrukturanalysen in Wochenstubengebieten werden kleinräumig wichtige Habitatparameter im Umfeld von Baumquartieren ermittelt. Die Kenntnis dieser Parameter ist die Voraussetzung zur Umsetzung von geeigneten Schutzmaßnahmen in Wäldern.
- Zugbewegungen: Die Zugrouten und das Zugverhalten des Kleinabendseglers sind bisher kaum bekannt. Diese Kenntnislücken erschweren den Schutz des Kleinabendseglers. Zur Analyse der genauen Zugbewegungen werden erstmals neuartige Sender eingesetzt, die zwar nur eine ungefähre Positionsbestimmung ermöglichen, dafür aber die Positionen potentiell über mehrere Wochen hinweg über das Mobilfunknetz senden. Im Spätsommer werden Kleinabendsegler vor dem Wegzug aus Wochenstubengebieten sowie im Frühling vor dem Rückzug aus den Überwinterungsgebieten besendert.
Ausblick
Die Ergebnisse dieser verschiedenen Analysen werden genutzt, um in einem Arten-Aktionsplan Schutz- und Förderungsmaßnahmen für den Kleinabendsegler in Sommer-, Paarungs- und Überwinterungshabitaten sowie auf den Zugstrecken zu erarbeiten. Damit werden Grundlagen für Umsetzungsvorhaben im nationalen Artenhilfsprogramm gelegt. Die Ergebnisse werden veröffentlicht und projektbegleitend in einem Film visualisiert, in dem die Lebensweise des Kleinabendseglers porträtiert und über den Aktionsplan und die Schutzmaßnahmen informiert wird.
Referenzen
Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.