Zehn Jahre Nagoya-Protokoll: neue Schwerpunktausgabe von „Natur und Landschaft“
Als vor knapp zehn Jahren das Nagoya-Protokoll als eigenständiges Zusatzabkommen zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity – CBD) in Kraft trat, waren damit große Hoffnungen verbunden. Es sollte ein zentrales Instrument sein, um künftig Biopiraterie zu verhindern, mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung von Nutzungsgewinnen zu bewirken und gleichzeitig den Zugang zu genetischen Ressourcen wie bspw. Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen für Forschungszwecke zu fördern. Das Nagoya-Protokoll sollte damit eine Schieflage beseitigen, die seit Jahren von allen Seiten kritisiert worden war: Schwellen- und Entwicklungsländer, die über eine besonders große biologische Vielfalt verfügen, wurden von der Inwertsetzung ihres Naturreichtums häufig ausgeschlossen, während v. a. Akteure aus Industrieländern durch die Erforschung genetischer Ressourcen und des damit verbundenen traditionellen Wissens bedeutende Vorteile generierten – sei es in Form von Erkenntnisgewinnen oder durch Entwicklung lukrativer Produkte und Anwendungen. Auf der anderen Seite bemängelten die Nutzerinnen und Nutzer genetischer Ressourcen, dass die Bereitstellerländer genetischer Ressourcen zunehmend den Zugang zu ihren Ressourcen erschwerten.
Das zehnjährige Jubiläum des Nagoya-Protokolls sowie die Tatsache, dass mittlerweile 141 Länder (Stand: 2.1.2024) das Abkommen ratifiziert haben, bieten einen idealen Anlass, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Hat sich das Nagoya-Protokoll bislang bewährt? Haben sich die unterschiedlichen Erwartungen der internationalen Staatengemeinschaft und der betroffenen Interessengruppen erfüllt? Welche anderen ABS-Ansätze gibt es? Und ist das Nagoya-Protokoll für künftige Herausforderungen gerüstet?
Antworten auf diese und weitere Fragen sind in insgesamt fünf Beiträgen in der Schwerpunktausgabe rund um das Nagoya-Protokoll zu finden:
- Access and Benefit-sharing und das Nagoya-Protokoll: Quid pro quo für die Nutzung der biologischen Vielfalt – eine kritische Bestandsaufnahme
- Access and Benefit-sharing in der Praxis: Was muss, was kann getan werden?
- Die Sorgfaltspflichten der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 in der Praxis – Zumutung für die Nutzerinnen und Nutzer genetischer Ressourcen oder Compliance-System mit Augenmaß?
- Bilateral vs. multilateral – ein Vergleich der verschiedenen Konzepte zu Access and Benefit-sharing
- Die Zukunft des Access and Benefit-sharing: Was folgt auf die Verabschiedung des Globalen Biodiversitätsrahmens und die Entscheidung zu digitalen Sequenzinformationen?
Ergänzt werden die vorgenannten Aufsätze durch Kastenbeiträge, die sich mit Unterthemen (bspw. dem brasilianischen ABS-System oder dem Begriff Biopiraterie) befassen. Abgerundet wird die Schwerpunktausgabe mit einem Glossar, in dem verschiedene Abkürzungen und Fachbegriffe erläutert werden.
Hintergrund
CBD und Nagoya-Protokoll
Die CBD ist ein internationales Abkommen, das drei übergeordnete Ziele verfolgt: die Erhaltung der biologischen Vielfalt (erstes Ziel), die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile (zweites Ziel) und die ausgewogene und gerechte Aufteilung von Vorteilen, die sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergeben (drittes Ziel). Am 29.12.1993 ist die CBD in Kraft getreten.
Das Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung dieser Ressourcen ergebenden Vorteile ist ein Zusatzabkommen zur CBD. Das Nagoya-Protokoll wurde am 29.10.2010 auf der 10. Vertragsstaatenkonferenz der CBD in Nagoya (Japan) beschlossen und ist am 12.10.2014 in Kraft getreten.
„Natur und Landschaft“
„Natur und Landschaft“ ist die älteste Fachzeitschrift für Naturschutz und Landschaftspflege im deutschsprachigen Raum, herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz. Jede Ausgabe enthält begutachtete Original-Aufsätze bisher unveröffentlichten Inhalts von Fachautor*innen zu aktuellen Themen aus Naturschutz und Landschaftspflege. Die Zeitschrift erscheint seit November 2021 im Green-Open-Access-Verfahren. Demnach sind die Beiträge jeweils ein Jahr nach ihrer Online-Publikation im Repositorium des BfN dauerhaft und kostenfrei zugänglich.