Gallinago gallinago - Bekassine
Beschreibung
Die Bekassine ist eine mittelgroße Schnepfenart, bei der vor allem ihr überproportional langer, gerader Schnabel auffällt. Bei einer Körperlänge von 23-28 cm beträgt die Flügelspannweite 39-45 cm. Das Gefieder ist braun mit markant gelblich-beigen Streifen auf Kopf und Oberseite. Die Flanken sind gebändert, der Bauch ist weiß. Bekassinen fliegen oft erst aus geringer Entfernung aus der Deckung auf und steigen dabei im charakteristischen Zickzackflug in den Himmel, wobei ein weißer Flügelhinterrand sichtbar wird. Beim Auffliegen äußern sie oft heisere, explosive Rufe. Der rhythmische Gesang wird ausdauernd von Singwarten vorgetragen. Ebenfalls Gesangsfunktion hat auch das „meckernde“ Geräusch, das im Balzflug durch die Vibration der gespreizten Steuerfedern erzeugt wird. Dies führte im Volksmund zu dem Namen „Himmelsziege“ (Bauer et al. 2012, Gejl 2019, Svensson 2023).
Die früher als Unterart behandelte amerikanische Form wird heute als separate Art Wilsonbekassine (Gallinago delicata) betrachtet (Gill et al. 2024).
Verbreitung
Bekassinen brüten in weiten Teilen der Paläarktis von den Azoren und Island über West- und Osteuropa durch Nord- und Zentralasien bis nach Kamtschatka und auf die westlichen Aleuten. Brutlebensraum sind gewässerreiche offene und halboffene Landschaften, insbesondere Moore (Gedeon et al. 2014, Gejl 2019).
Das Norddeutsche Tiefland bildet den Schwerpunkt der Verbreitung in Deutschland. Im Westen weisen vor allem die großflächigen Feuchtgebiete im Emsland, in Ostfriesland, der Diepholzer Moorniederung und der Teufelsmoor-Wümmeniederung bedeutende Bestände auf. Während die Dichte entlang der Nordseeküste und auf den Inseln geringer ist, sind auch der Grünlandgürtel bei Hamburg und die Flussniederungen der Schleswig-Holsteinischen Geest stärker besiedelt, ebenso Aller und Drömling. Die Brutgebiete der Elbtalaue gehen in die Vorkommen im Nordostdeutschen Tiefland über. Die Mecklenburgische Seenplatte, die Flusstäler von Peene, Trebel und Oder sowie Uckermark und Havelland sind hier besonders dicht besiedelt. Südlich von Berlin schließen sich zusammenhängende Vorkommen bis in die Oberlausitz an. Abseits der Schwerpunktvorkommen Norddeutschlands, brüten Bekassinen in der Mittelgebirgsregion vor allem in Wetterau, Rhön, der Fränkische Alb sowie im Altmühltal. Andere Regionen weisen heute nur noch geringe Bestände auf. Wenige Vorkommen bestehen auch in den Flusstälern und Moorgebieten des Alpenvorlandes (Gedeon et al. 2014).
Lebensraum
Brutgebiet
Bekassinen besiedeln in Deutschland offene bis halboffene Niederungslandschaften. Diese reichen von Nieder- und Hochmooren über Marschen, Feuchtwiesen, nasse Brachen und Verlandungszonen bis zu den Randbereichen lichter Bruchwälder. Auch kleinflächige Feuchtgebiete innerhalb von Ackerkomplexen oder Bodenabbaugebieten können als Bruthabitat dienen. Entscheidend sind hoch anstehende Grundwasserstände, Schlammflächen und eine hohe, Deckung bietende, jedoch nicht zu dichte Vegetation (Südbeck et al. 2005, Gedeon et al. 2014).
Zugweg und Überwinterungsgebiet
Die in Deutschland brütenden Bekassinen sind als Kurzstreckenzieher einzuordnen. Der Abzug aus den Brutgebieten erfolgt ab Mitte Juli. Es liegen nur wenige Erkenntnisse über die Überwinterungsgebiete vor. Die Wiederfunde in Deutschland zur Brutzeit beringter Bekassinen deuten aber vor allem darauf, dass sie in West-Frankreich und auf den Britischen Inseln überwintern. Die Ankunft in den deutschen Brutgebieten ist für Ende Februar und Mitte Mai bekannt (Südbeck et al. 2005, Bairlein et al. 2014).
Fortpflanzung/Biologie
Die Geschlechtsreife wird vermutlich meist im ersten Lebensjahr erreicht. Bekassinen gehen monogame Saisonehen ein, doch offenbar kommt es nicht nur zu Beginn der Brutzeit auch zur Begattung fremder Weibchen. Ende März beginnt die Reviergründung und Paarbildung. Die größte Balzaktivität findet von Mitte April bis Mitte Mai statt. Die Bodenbrüter legen ihr Nest auf nassem bis feuchten Untergrund zwischen Seggen, Gräsern und Zwergsträuchern an. Es handelt sich dabei um eine meist sehr versteckte, gut ausgebildete Mulde, die vermutlich durch das Weibchen mit dürrem Pflanzenmaterial ausgekleidet wird. Es werden ein bis zwei Jahresbruten durchgeführt, auch Nachgelege kommen vor. Die Ablage der meist 4 Eier erfolgt vor allem von Mitte April bis Mitte Mai. Während das Weibchen für 18-20 Tage brütet, bleibt das Männchen in Nestnähe. Bereits kurz nach dem Schlupf verlassen die Küken das Nest und müssen zunächst gefüttert werden. Mit 28-35 Tagen sind die Jungvögel flügge (Südbeck et al. 2005, Bauer et al. 2012).
Gefährdung
Grundwasserabsenkung, Entwässerung, Zerstörung von Überschwemmungsflächen und Mooren, die Begradigung von Flüssen und weitere Eingriffe in den Wasserhaushalt führen zu Verlusten geeigneter Lebensräume. Durch Melioration, Ausräumung der Landschaft, Grünlandumbruch und die Aufforstung von Mooren sowie Torfabbau können Bruthabitate zerstört werden, ebenso durch sehr frühe Mahdtermine und die Aufgabe extensiver Wiesen- und Weidebewirtschaftung. Auch der Einsatz von Umweltchemikalien stellt eine Gefährdung dar. Negative Auswirkungen können in den Brutgebieten darüber hinaus Störungen durch Freizeitnutzung haben. Jagd auf dem Zug und in den Überwinterungsgebieten führt zu direkten Verlusten, ebenso Freileitungs- und Verkehrsopfer (Bauer et al. 2012). Die Bekassine wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.
Schutz
Der Schutz und die rechtliche Sicherung intakter, extensiv genutzter Feuchtgrünländer, Flussniederungen und Moore sowie deren Wiedervernässung und Renaturierung gehören zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen für die Bekassine. Auf die Drainage von Überschwemmungsflächen und weitere Eingriffe in den Wasserhaushalt ist zu verzichten. Habitatpflege durch extensive Nutzung, z.B. zum Schutz vor Sukzession, sowie angepasste Mahdtermine können sich positiv auswirken. Dies gilt auch für die Anlage von Flachteichen sowie die Renaturierung von Hochmooren. Niedermoore sollten aus der Intensivnutzung herausgenommen werden. In Küstenlebensräumen kommt der Förderung der Kurzgrasigkeit durch Vernässung und extensive Beweidung eine hohe Bedeutung für den Schutz der Bekassine zu. Auch der Nährstoffeintrag sollte möglichst reduziert werden. Eine erhebliche Reduktion der Jagd in Durchzugs- und Überwinterungsgebieten wäre bestandsfördernd (Bauer et al. 2012).