Limosa limosa - Uferschnepfe
Beschreibung
Uferschnepfen sind große Watvögel mit langem Hals und einem langen, geraden, orangegelben Schnabel. Im Prachtkleid sind Kopf, Hals und obere Brust rotbraun gefärbt, während die grauweiße Unterseite eine schwarze Bänderung aufweist. Die Oberseite ist gräulich, mit einzelnen schwarzzentrigen, kupferfarben gesäumten Schulter- und Rückenfedern. Im Schlichtkleid sind Brust und Oberseite einfarbig hellgrau. Die langen Beine sind in allen Kleidern schwarz. Am Brutplatz sind Uferschnepfen sehr stimmfreudig. Auffällig sind besonders die schnellen, nasalen Flugrufe (Gejl 2019, Svensson 2023).
Vögel der isländischen Unterart islandica, mit intensiverer rostbrauner Färbung, erreichen Deutschland als Durchzügler und Wintergast (Van Gils et al. 2020).
Verbreitung
Uferschnepfen brüten in disjunkten Populationen von Westeuropa über Russland bis an den Pazifik.
Die Brutverbreitung der Uferschnepfe in Deutschland beschränkt sich weitgehend auf den Nordwesten. Einen Verbreitungsschwerpunkt bildet die Küste Nordfrieslands und Dithmarschens bis zur Elbmündung, einschließlich der vorgelagerten Inseln. Ein weiterer Schwerpunkt im Nordwestdeutschen Tiefland umfasst das Bremer Becken bis zur Wesermündung, Butjadingen und Ostfriesland bis zu den Flussmarschen der Ems und ins Oldenburger Münsterland. Zusammenhängende Vorkommen finden sich küstenfern zudem in Feuchtwiesengebieten im südlichen Emsland, in der Münsterländer Tieflandsbucht und im Niederrheinischen Tiefland. Dank intensiver Schutzmaßnahmen bildet die Dümmerregion einen weiteren bedeutenden binnenländischen Bestand. In Ostdeutschland bildet das Vorpommersche Küstengebiet die höchsten Bestände, weitere Vorkommen erstrecken sich entlang der Unteren und Mittleren Havelniederung. Darüber hinaus existieren kleinere Vorkommen an der Ostseeküste auf Fehmarn sowie am Stettiner Haff, in der Mittleren Oderniederung und der Malxeniederung. Unregelmäßig brüten Uferschnepfen in der Mittelgebirgsregion in der Wetterau, in Mittelfranken und der Oberpfalz. Die südlichsten Vorkommen bilden das mittelfränkische Altmühltal und das Donautal bei Straubing (Gedeon et al. 2014).
Lebensraum
Brutgebiet
Uferschnepfen waren ursprünglich Brutvögel offener, großflächiger Sumpf-, Ufer- und Küstenlandschaften. Dabei wurden vor allem salzwasserbeeinflusste Flachküsten und ausgedehnte Moorkomplexe besiedelt. Im Zuge der großflächigen Kultivierung vieler Lebensräume hat sich die Art inzwischen auf die Besiedlung von Feuchtgrünland auf Nieder- und Hochmoorböden umgestellt. An der Nordseeküste sind Marschen und gering genutzte Salzwiesen von besonderer Bedeutung. Zu den Habitatansprüchen für eine Besiedlung zählen hoch anstehende Grundwasserstände, lückige Pflanzenbestände, „stocherfähige“ Böden und Kleingewässer mit schlammigen Uferpartien (Südbeck et al. 2005, Gedeon et al. 2014).
Zugweg und Überwinterungsgebiet
Uferschnepfen sind Langstreckenzieher, die die Brutgebiete bereits im Juni und Juli wieder verlassen und in südwestlicher Richtung in die Überwinterungsgebiete ziehen, die sich bei den deutschen Brutvögeln vom Mittelmeerraum bis nach Westafrika erstrecken. Die außerhalb der Brutzeit aufgesuchten Lebensräume ähneln den Bruthabitaten, befinden sich nahe der Küste jedoch vorwiegend in geschützten Buchten und Flussdeltas, Salzwassermarschen und Lagunen sowie in Reisfeldern im Binnenland der Iberischen Halbinsel. Früh im Jahr beginnt auch der Heimzug. Bereits ab Ende Februar erscheinen die ersten Uferschnepfen in den deutschen Brutgebieten. Bis Ende April wird der Heimzug abgeschlossen (Südbeck et al. 2005, Bairlein et al. 2014, Gejl 2019).
Fortpflanzung/Biologie
Die Geschlechtsreife erreichen Uferschnepfen meist im 2. Lebensjahr, mitunter wahrscheinlich auch noch später. Es handelt sich um Einzelbrüter, in günstigen Habitaten kann es aber zum Zusammenschluss zu lockeren Kolonien kommen. Die Art geht monogame Saisonehen ein, Partnertreue ist aber nachgewiesen. Reviergründung und Paarbildung findet von Mitte März bis Ende April statt, was auch dem Zeitraum der größten Balzaktivität entspricht. Der Ausdrucksflug besteht aus einem Wechsel von steilen Aufstiegen und anschließendem Taumelflug mit zum Teil senkrechten Abstürzen. Auch Zitterflüge vor dem Weibchen kommen vor. Bei der Bodenbalz imponieren die Männchen durch auffälliges Schwanzspreizen. Das Nest der Bodenbrüter wird auf feuchtem Untergrund sowohl in niedriger als auch höherer Vegetation angelegt. An geeigneten Scharrstellen werden dabei meist trockene Halme aus der unmittelbaren Umgebung genutzt. Es wird eine Jahresbrut durchgeführt, Ersatzgelege kommen vor. Die meist 4 Eier werden ab Anfang April bis Ende Mai gelegt und von beiden Partnern für 22-24 Tage bebrütet. Die geschlüpften Jungvögel verlassen das Nest bereits am ersten Tag. Das Nistrevier wird damit aufgegeben und Männchen und Weibchen führen die Jungvögel mitunter weit umher. Kurz nach dem Flüggewerden mit 25-30 Tagen lösen sich die Familien auf (Südbeck et al. 2005, Bauer et al. 2012, Gejl 2019).
Gefährdung
Der Verlust geeigneter Bruthabitate durch Grünlandumbruch, Grundwasserabsenkung, Überbauung und Intensivierung der Landwirtschaft stellt die größte Gefährdung dar. Aufforstungen in Randbereichen von Mooren können sich ebenfalls negativ auswirken. Frühe Mahd und Ernte sowie Viehvertritt führen zu hohen Gelege- und Jungvogelverlusten. Nachgelege können durch frühzeitiges Austrocknen der Brutplätze ausbleiben. In den Brutgebieten kommen Störungen durch Tourismus und Freizeitnutzungen vor. Hinzu kommen natürliche Verluste durch Prädation und Witterungseinflüsse (Stübing & Bauschmann 2011, Bauer et al. 2012). Durch Windenergieanlagen kann es aufgrund von Meideverhalten im Nahbereich zu Lebensraumentwertung kommen (Langgemach & Dürr 2023). Die Uferschnepfe wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.
Schutz
Durch den Erhalt und die Pflege extensiv genutzter, gehölzfreier Feuchtgrünland- und Niedermoorbereiche können Brutplätze gesichert werden. Die Rückwandlung von Acker zu Feuchtgrünland kann zur Wiederherstellung geeigneter Habitate führen. Kleine offene Flachwasserflächen sollten zur Brutzeit möglichst in Kombination auch mit größeren offenen, wasserüberfluteten Schlammflächen erhalten oder geschaffen werden. Positiv wirken sich die Reduzierung der Drainage, des Biozideinsatzes und der Eutrophierung aus. Aussparung der Brutplätze bei der Mahd sowie gestaffelte Mahdtermine auf benachbarten Flächen und Aussparungen an Wiesenrändern und Gräben können den Bruterfolg steigern. Auf den Anbau hochproduktiver Grassorten sollte verzichtet werden. Störungen in Brutgebieten sollten vermieden werden (NLWKN 2011, Stübing & Bauschmann 2011, Bauer et al. 2012, Van Gils et al. 2020).