Cucujus cinnaberinus - Scharlachkäfer
Beschreibung
Versteckt unter Rinde
Der Scharlachkäfer ist durch seine intensiv rot gefärbte Oberseite ein besonders attraktiver Vertreter unter den holzbesiedelnden Käferarten. Allerdings besitzen die Käfer spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum. Die einzigen deutschen Vorkommen befanden sich bisher ausschließlich in Bayern. Neuerdings wurden in der Rastatter Aue am Oberrhein in Baden-Württemberg erstmals außerhalb Bayerns Exemplare der Art nachgewiesen. Die Larve des Scharlachkäfers lebt unter der Rinde von stärkerem Totholz von Laub-, seltener Nadelhölzern und benötigt dabei eine ausreichende Durchfeuchtung des Holzes. Während die Larven ganzjährig unter der Rinde nachgewiesen werden können, findet man die ausgewachsenen Käfer aufgrund ihrer versteckten Lebensweise nur selten. Der Scharlachkäfer ist in Deutschland, wie auch in ganz Europa, nur lokal verbreitet und selten.
Verbreitung
Die palaearktische Art ist in Ländern Nord-, Ost- und Mitteleuropas sowie in Asien verbreitet. In Deutschland sind aktuelle Funde nur noch aus Südostbayern bekannt. Morsche Laubbäume in Tal- und Hanglagen verschiedener Bach- und Flussläufe dienen der Art als Lebensraum.
Lebensraum
Der Scharlachkäfer besiedelt die Tal- und Hanglagen von Fluss- und Bachläufen. Insbesondere in Weichholzauen, in der Hartholzaue und in Bergmischwaldgesellschaften findet sich die Art. Der Schlussgrad der Waldbestände in seinem Lebensraum reicht von licht bis geschlossen. Der Scharlachkäfer ist nicht ausschließlich auf hochwertige Lebensräume mit einem überdurchschnittlich hohen Totholzangebot beschränkt. Die Art findet sich inzwischen auch in kleinen naturfernen Auwaldresten mit Hybridpappelkulturen und in Beständen mit einem sehr geringen Totholzangebot (Horak et al. 2010). Besiedelt werden auch regelmäßig überschwemmte Bereiche. Hier werden die unteren Stammbereiche von den Larven gemieden und nur mittlere und höhere Stammabschnitte aufgesucht (Bussler 2002).
Fortpflanzung/Biologie
Viele Larven sind am Ende des ersten Sommers fast ausgewachsen und verpuppen sich im Juli des folgenden Jahres. Wenige Wochen später schlüpfen die Käfer, die unter der Borke ihres Brutbaumes überwintern. Geeignete Bäume bieten feuchte und morsche Rindenbereiche, die aber noch relativ fest am Stamm sitzen.
Lokale Population
Abgrenzung der lokalen Population
Zur Abgrenzung der lokalen Population lässt sich im Fall des Scharlachkäfers die räumliche Verteilung besiedelten Totholzes heranziehen. Aufgrund der Flugfähigkeit der Art sind Tiere aus einem besiedelten Baum keine einzelne lokale Population, sondern immer im Zusammenhang mit weiteren Vorkommen in der näheren Umgebung zu sehen. Es existieren leider keine publizierten Informationen über individuelle Flugbewegungen zwischen Vorkommen. Für die Bewertung des Erhaltungszustandes der Populationen geben Binner & Bussler (2006) eine Entfernung von weniger als 2 km zum nächsten Vorkommen für eine hervorragend erhaltene Population an. Eine gut erhaltene Population hat benachbarte Vorkommen in maximal 4 km Entfernung. Daher sind alle Vorkommen und deren Umgebung bis zu 2.000 m Entfernung als Gebiet der lokalen Population anzusehen.
Gefährdung
Eine Gefährdung ist v. a. im Verlust geeigneter Brutbäume zu sehen. Die von den Larven benötigten Strukturen werden in bewirtschafteten Wäldern häufig entfernt. Im Rahmen von Durchforstungen wird den unrentablen Alt- und Totholzstrukturen oft kein Raum gewährt.
Gefährdungsursachen
Der Scharlachkäfer ist vor allem bei einem mangelnden Angebot an geeigneten Totholzqualitäten und –quantitäten gefährdet.
Land- und Forstwirtschaft
- Komplettes Entfernen von stärker dimensioniertem Totholz (Mindestdurchmesser 20 cm) in bewirtschafteten Wäldern (Substratverlust)
- Fehlen der Alters- und Zerfallsphase in Wirtschaftswäldern
- Umwandlung von Laubwaldbeständen in Nadelholzbestände
- Zurückdrängen der natürlichen, baumbestandenen Flußauen
- Entfernen von Baumbeständen und Totholz im Auenbereich
Sonstige
- Entfernung von Baumbeständen und Totholz bei Hochwasser- oder Dammsicherungsmaßnahmen
Schutz
Alle Vorkommen müssen unter Schutz gestellt und erhalten werden. Weiterhin sollten die entsprechenden Auwaldstandorte und die laubholzreichen Bergmischwälder erhalten und entwickelt werden. Eine Extensivierung der Forstwirtschaft in der Nähe besiedelter Vorkommen ist erforderlich, um einen Austausch zwischen den vorhandenen Populationen zu ermöglichen.
Erhaltungsmaßnahmen
Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population des Scharlachkäfers
Nutzungsbedingte Beeinträchtigungen des Scharlachkäfers können von der Forstwirtschaft ausgehen. Um Beeinträchtigungen durch die Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
Land- und Forstwirtschaft
- Belassen von berindetem, stärkerem Laubtotholz beim Holzeinschlag in Wirtschaftswäldern
- Zulassen der ungestörten Entwicklung von Alt- und Totholzelementen in Wirtschaftswäldern zumindest auf Teilflächen durch Totalschutz oder Auswahl von Zukunftsbäumen nach folgenden Kriterien:
- Laubbäume (Pappel, Silberweide, Rotbuche, Bergahorn) im Bereich der lokalen Population (2 km Umkreis)
- Mehrere Altersklassen um kontinuierlichen Nachwuchs potenziell besiedelbarer Bäume zu haben
- Keine forstwirtschaftliche Nutzung dieser Bäume
Sonstige Maßnahmen
- Entfernung von Baumbeständen und Totholz bei Hochwasser- oder Dammsicherungsmaßnahmen nur bei akuter Gefährdung von Anlagen
- Sind solche Maßnahmen nicht zu vermeiden, stärkeres Laubtotholz in angrenzende Bestände verbringen und dort belassen
Erhaltungszustand
- Kontinentale Region: günstig
- Alpine Region: günstig
- Atlantische Region: unbekannt
Programme und Projekte
Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen
- Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie
- Finanzierungsinstrument der EU zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz-Projekten in Europa, LIFE+
Literaturhinweise
verändert nach:
Wurst, C.; Klausnitzer, B. und Bussler, H. (2003): Cucujus cinnaberinus (Scopoli, 1763). In: Petersen, B., Ellwanger, G., Biewald, G., Hauke, U., Ludwig, G., Pretscher, P., Schröder, E., und Ssymank, A. (Bearb.): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wirbellose. - Bonn-Bad Godesberg (Landwirtschaftsverlag) - Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69(1): 371-377.