Grus grus - Kranich
Beschreibung
Kraniche sind sehr große, schlanke Vögel mit langen Beinen und Hälsen. Ihre Flügelspannweite beträgt 180-222 cm. Das Gefieder ist hauptsächlich hell blaugrau. Bei den Altvögeln sind der Kopf und obere Hals schwarz, während von den Kopfseiten auf den Hinterhals ein weißes Band verläuft. Verlängerte Schirmfedern bilden beim stehenden Vogel ein buschig hochstehendes, straußenähnliches Hinterende. Jungvögeln fehlt das markante Kopfmuster der Altvögel. Sie sind stattdessen am bräunlichen Kopf und Hals erkennbar. Im majestätischen Flug werden Hals und Beine ausgestreckt. Auf dem Zug bilden Kraniche typische Keilformationen, die sich mit trompetenden „krru“-Rufen weit hörbar ankündigen (Svensson 2023).
Verbreitung
Kraniche sind von Nord- und Mitteleuropa bis Ostsibirien verbreitet. Im Norden reichen die Vorkommen bis in die Waldtundra, im Süden bis in die zentralasiatischen Steppen. Ein isoliertes Vorkommen gibt es in der Türkei.
In Deutschland beschränkt sich die Brutverbreitung des Kranichs weitgehend auf das norddeutsche Tiefland. Schwerpunkte im Nordosten bilden die Mecklenburgische Seenplatte, die Uckermark und das mittlere Odertal. Auch die östliche Prignitz, das Havelland und Seen- und Heidegebiete südlich von Berlin weisen hohe Dichten auf. Weiter südlich bildet die Oberlausitz ein Dichtezentrum. Im Nordwestdeutschen Tiefland erstreckt sich die Verbreitung von der Schleswig-Holsteinischen Geest bis in den Bereich zwischen Elbe und Aller bzw. Weser. Hervorzuheben sind dabei die Lüneburger Heide und das Teufelsmoor. Westwärts wird die Besiedlung immer lückenhafter. Während Steinhuder Meer und Diepholzer Moorniederung gute Bestände aufweisen, sind die Vorkommen in Ostfriesland und Emsland noch vereinzelt. Aus der Mittelgebirgsregion und dem südlichen Deutschland liegen nur wenige Brutnachweise vor (Gedeon et al. 2014).
Lebensraum
Brutgebiet
Besiedelt werden vor allem verschiedene Feuchtgebietstypen in Wäldern, ausgedehnte Hochmoore, Verlandungszonen sowie versumpfte Wiesen. Als Bruthabitat dienen Waldkomplexe mit strukturreichen Feuchtgebieten, bevorzugt lichte Birken- und Erlensümpfe. Doch auch Hoch- und Niedermoore, Heidegebiete und Verlandungszonen dienen als Bruthabitate. Die Variabilität der Brutplatzwahl ist groß. So werden auch Bergbaufolgelandschaften besiedelt, ebenso wie Inseln in Seen und Teichen sowie Sölle im Acker- und Grünland. Grundvoraussetzung ist jedoch ein ausreichend hoher Wasserstand zum Schutz vor Bodenprädatoren. Als Nahrungshabitate dienen in der Kulturlandschaft Grünland- und Ackerkomplexe (Südbeck et al. 2005, Gedeon et al. 2014).
Zugweg und Überwinterungsgebiet
Die in Deutschland brütenden Kraniche sind Kurz- und Mittelstreckenzieher mit Überwinterungsgebieten vorwiegend auf der Iberischen Halbinsel sowie in Frankreich. Zunehmend verbringen Kraniche jedoch milde Winter auch in Teilen Norddeutschlands. Deutsche Brutvögel sind dem westeuropäischen Zugweg zuzuordnen, der sich deutlich vom baltisch-ungarischen Zugweg trennt. Im Herbst bilden die Monate September bis November die Hauptzugzeit, während der Frühjahrszug überwiegend in schmaler Front im März stattfindet. Bereits bis Mitte März werden die Brutgebiete besetzt (Südbeck et al. 2005, Bairlein et al. 2014).
Fortpflanzung/Biologie
Kraniche brüten frühestens im Alter von 2 Jahren, oft erst mit 4-6 Jahren erstmals. Sowohl monogame Dauerehen als auch mehrfache Partnerwechsel sind nachgewiesen. Gleiches gilt für den Brutplatz: während einige Reviere mehrjährig genutzt werden, kommt es auch zu Revierwechseln und Umsiedlungen. Die Freibrüter legen teils umfangreiche Bodennester in knietiefem Wasser an. Beide Partner verbauen dabei Pflanzenmaterial der Nestumgebung. Es handelt sich bei Kranichen um Einzelbrüter, die eine Jahresbrut durchführen. Bei frühen Verlusten kann es jedoch zu Nachgelegen kommen. Die Ablage der meist 2 Eier erfolgt von Mitte März bis Mitte April. Nach einer Brutdauer von 30 Tagen durch beide Partner schlüpfen die Jungvögel Mitte April, meist Mitte Mai. Bereits nach 24 Stunden wird das Nest verlassen und die Jungvögel folgen den Altvögeln und werden von diesen geführt. Im Alter von 9 Wochen werden die Jungvögel flugfähig. Oft bleiben die Familien bis ins Winterquartier zusammen (Südbeck et al. 2005, Bauer et al. 2012).
Gefährdung
Entwässerung und Grundwasserabsenkung können zum Verlust geeigneter Bruthabitate führen. Lebensraumzerstörung kann darüber hinaus durch Feuchtwiesen- und Grünlandumbruch, Torfabbau, Aufforstungen und Landerschließung erfolgen. Störungen können zu Brutaufgaben und geringem Bruterfolg führen. Zu direkten Verlusten kommt es an Freileitungen, Wildzäunen und Sendemasten (Bauer et al. 2012). Beeinträchtigungen sind auch durch Windenergieanlagen bekannt (Langgemach & Dürr 2023). Der Kranich wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.
Schutz
Der Erhalt und der Schutz großräumig halboffener Lebensräume mit ausreichender Feuchte gehören zu den wichtigsten Maßnahmen für den Kranich. Dem Wasserhaushalt kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Wiederaufstauungen trockengefallener Moore und Bruchwälder können das Angebot geeigneter Bruthabitate erweitern. Eine Rückkehr zu traditionellen, extensiven Bewirtschaftungsformen kann das Nahrungsangebot in Rast- und Überwinterungsgebieten erhöhen. Zum Schutz der Brutplätze von Kranichen sollten diese vor Störungen und Eingriffen bewahrt werden (Bauer et al. 2012).