Sterna paradisaea - Küstenseeschwalbe
Beschreibung
Küstenseeschwalben sehen Flussseeschwalben sehr ähnlich. Es handelt sich um Seeschwalben mit hellgrauer Oberseite und einer schwarzen Kopfkappe. Schnabel und Füße sind im Prachtkleid rot, während im Schlichtkleid die Stirn abweichend weiß und der Schnabel schwarz gefärbt ist. Küstenseeschwalben sind mit einer Flügelspannweite von 66-77 cm jedoch etwas kleiner als Flussseeschwalben. Auffällig sind die im Vergleich längeren Schwanzspieße. Der Flug der Küstenseeschwalben wirkt elastischer und schwungvoller. Im Jugendkleid weisen Küstenseeschwalben im Gegensatz zu jungen Flussseeschwalben weiße Armschwingen und eine weniger kontrastreiche Oberseite auf.
Küstenseeschwalben ernähren sich vor allem von kleinen marinen Fischen und Krebsen. Diese werden – oft nach Rüttelflug – überwiegend stoßtauchend erbeutet (Mendel et al. 2008, Svensson 2023).
Verbreitung
Das Brutareal der Küstenseeschwalbe reicht zirkumpolar von der Hocharktis bis in die gemäßigte Zone. Die europäischen Vorkommen umfassen Island, die Britischen Inseln, Nord- und Ostseeküste sowie Fennoskandien und das nördliche Russland. Besiedelt werden marine Lebensräume, in der borealen Zone dringt die Art jedoch auch weit ins Binnenland vor (Gedeon et al. 2014).
Die in Deutschland brütenden Küstenseeschwalben gehören der biogeographischen Population „Nord-Eurasien“ an. Ihre Brutverbreitung beschränkt sich hierzulande ausschließlich auf die Küsten von Nord- und Ostsee, wobei sich 95 % des Bestands in der Deutschen Bucht konzentrieren. Vor allem auf den Halligen Nordfrieslands bestehen große Kolonien. Im Niedersächsischen und Hamburgischen Wattenmeer beschränken sich die Vorkommen ebenfalls fast ausschließlich auf die vorgelagerten Inseln. Hier sind vor allem Minsener Oog, Memmert, Mellum und Neuwerk zu nennen. Kleinere Kolonien finden sich auch entlang der Festlandsküste Nordfrieslands und Dithmarschens sowie im Bereich der ostfriesischen Leybucht. Abgesehen von kleinen Brutvorkommen verteilen sich die Vorkommen an der deutschen Ostseeküste auf die drei Kolonien Schleimündung, Graswarder und Langenwerder.
Die Verbreitungsschwerpunkte an der Nordsee befinden sich im Sommer im inneren und äußeren Wattenmeer, es können jedoch auch größere Ansammlungen von Nichtbrütern im Offshorebereich vorkommen. Im Herbst löst sich die Verbreitung von der Küste. Die geringen Vorkommen an der deutschen Ostsee konzentrieren sich hingegen vom Frühjahr bis zum Herbst ausschließlich in unmittelbarer Küstennähe.
Die Bestände unterliegen starken jährlichen Schwankungen, abhängig von Nahrungsverfügbarkeit und Witterungsverhältnissen. Es kann auch zu großräumigen Umsiedlungen ganzer Kolonien kommen (Mendel et al. 2008, Gedeon et al. 2014).
Lebensraum
Brutgebiet
Von der Küstenseeschwalbe werden Strandlebensräume wie Primärdünen und Salzwiesen mit lückiger, kurzer Vegetation besiedelt. Teils werden vegetationslose Habitate wie Schotter- und Sandstrände bevorzugt, während Bereiche mit höherer Vegetation gemieden werden. Häufig befinden sich die Vorkommen der Küstenseeschwalbe dicht an der Hochwasserlinie. Die Kolonien sind oft gemischt mit Flussseeschwalben oder in der Nähe von Möwenkolonien gelegen (Südbeck et al. 2005, Mendel et al. 2008).
Zugweg und Überwinterungsgebiet
Küstenseeschwalben sind ausgesprochene Langstreckenzieher mit dem längsten Zugweg aller Vogelarten. Der Abzug aus dem Wattenmeer erfolgt vorwiegend bis Ende September mit Letztbeobachtungen noch im November. Ihre Winterquartiere erstrecken sich von den Küsten Chiles und Südafrikas bis an den Rand der antarktischen Packeiszone. Der Heimzug der deutschen Brutvögel erfolgt entlang der westafrikanischen Küste. Die Ankunft in den Kolonien erfolgt meist Mitte April (Mendel et al. 2008).
Fortpflanzung/Biologie
Die Geschlechtsreife wird mit 4 Jahren erreicht. Küstenseeschwalben gehen monogame Saisonehen ein, neigen aber auch zur Partnertreue. Es wird eine Jahresbrut durchgeführt. Das Nest wird am Boden auf Grasinseln, Sandflächen und Salzwiesen angelegt. Die Eiablage der 1-3 Eier erfolgt meist Mitte Mai bis Juni, Nachgelege kommen jedoch bis Anfang Juli vor. Die Brutdauer beträgt 20-22 Tage. Beide Eltern betreuen die Küken, die nach 21-24 Tagen flügge sind, jedoch auch anschließend noch längere Zeit gefüttert werden (Südbeck et al. 2005, Mendel et al. 2008).
Gefährdung
Die Vorkommen an Nord- und Ostsee sind vor allem von anthropogenen Gefahren betroffen. Dazu gehört die Anreicherung von Umweltgiften in der Fischnahrung, eine reduzierte Nahrungsverfügbarkeit durch Überfischung und damit verbunden ein höherer Prädationsdruck durch Möwen. Innerhalb der Kolonien können Störungen, z.B. durch Tourismus und Überbauung zum Verlust geeigneter Bruthabitate führen. Zu den natürlichen Gefahren zählen Winderosion, Überflutungen und natürliche Sukzession. Aufgrund der nahen Lage an der Hochwasserlinie stellt der Meeresspiegelanstieg durch die globale Erwärmung eine weitere Gefährdung dar (Mendel et al. 2008). Die Küstenseeschwalbe wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.
Schutz
Um Störungen insbesondere in der frühen Phase der Brutzeit der Küstenseeschwalbe zu vermeiden, ist eine Besucherlenkung, Öffentlichkeitsarbeit und Information notwendig. Die vorhanden Bruthabitate sollten vor Überflutung und Prädation geschützt werden. Um eine ausreichende Nahrungsverfügbarkeit zu gewährleisten, ist eine Reduzierung des Nährstoffeintrags sowie der Nutzung von Bioziden in Küstengewässern nötig (Bauer et al. 2012).