Botaurus minutus - Zwergdommel
Beschreibung
Bei der Zwergdommel handelt es sich um die kleinste in Deutschland brütende Reiherart mit einer Flügelspannweite von gerade einmal 49-58 cm. Scheitel und Oberseite sind bei adulten Männchen schwarz, bei den Weibchen schwarzbraun. Ein auffälliges Flügelfeld ist bei den Männchen cremefarben, bei den Weibchen dunkler lehmbraun. Jungvögel ähneln blassen Weibchen, Hals, Oberseite und Flügelfeld sind darüber hinaus dunkel gestrichelt. Zwergdommeln sind sehr heimlich und bewegen sich oft laufend und kletternd durch das Schilf. Im schnellen, flatternden Flug werden kräftige, nasale Rufe geäußert. Der sowohl tagsüber als auch nachts vorgetragene Gesang umfasst eine Serie monotoner, froschartiger Laute (Svensson 2023).
Die früher als Unterart behandelte australische Form wird heute als separate Art Schwarzmanteldommel (Botaurus dubius) betrachtet (Gill et al. 2024).
Verbreitung
Das Brutareal der Nominatform der Zwergdommel erstreckt sich von Europa bis nach Mittelasien. Davon getrennt sind die Populationen in Afrika südlich der Sahara und auf Madagaskar. Die europäische Verbreitung ist lückenhaft mit Verbreitungsschwerpunkt in Osteuropa. Auf Island, den Britischen Inseln und in Fennoskandien fehlt die Zwergdommel als Brutvogel.
Zwergdommeln besiedeln in Deutschland vorwiegend wärmebegünstigte Regionen mit geringen Sommerniederschlägen. Meist handelt es sich um kleinere Vorkommen mit weniger als 20 Revieren, nur lokal finden sich größere Vorkommen. Die größten Dichten werden im Nordostdeutschen Tiefland erreicht. Schwerpunkte bilden dabei das Saaletal und die Leipziger Tieflandbucht mit zahlreichen neuen Gewässern in Bergbaufolgelandschaften. Auch das Peenetal, die östliche Uckermark, das Odertal, das mittlere Havelland, die Oberlausitzer Teichgebiete sowie das mittlere Elbetal weisen Vorkommen auf. Lediglich sporadisch lokal verbreitet ist die Zwergdommel stattdessen im Nordwestdeutschen Tiefland. In der Mittelgebirgsregion befinden sich Verbreitungsschwerpunkte im Maintal, am nördlichen Oberrhein sowie entlang der Mosel und an Gewässern auf der Fränkischen Alb. Im Alpenvorland werden Riedgebiete am Bodensee sowie entlang der Donau und ihrer Zuflüsse besiedelt. Auch im voralpinen Hügel- und Moorland gibt es Vorkommen der Zwergdommel (Gedeon et al. 2014).
Lebensraum
Brutgebiet
In Deutschland besiedeln Zwergdommeln vor allem versumpfte Niederungen, Altwässer, Brüche und Verlandungszonen. Ein wichtiges Habitatmerkmal sind dabei seicht durchflutete, mehrjährige Schilf- und Rohrkolbenbestände, oft von Gebüsch durchsetzt. Neben ausgedehnten Beständen werden dabei auch schmale, lückige Röhrichte als Bruthabitat genutzt. Auch an Fisch- und Klärteichen, Badeseen und Tonstichen kann es zu Ansiedlungen kommen. Meist werden nährstoffärmere Gewässer mit ausreichenden Sichttiefen zum Nahrungserwerb genutzt (Südbeck et al. 2005, Gedeon et al. 2014).
Zugweg und Überwinterungsgebiet
Zwergdommeln sind Langstreckenzieher, die in Afrika südlich der Sahara überwintern. Ringfunde zeigen, dass sowohl auf dem Frühjahrs- als auch Herbstzug jeweils verschiedene Routen genutzt werden. Die einzigen direkten Wiederfunde in Europa zur Brutzeit beringter Zwergdommeln führen in die Demokratische Republik Kongo, doch ist angesichts der breiten Streuung der herbstlichen Wiederfunde von Südwest bis Südost ein deutlich größeres Überwinterungsgebiet anzunehmen. Der Abzug aus den Brutgebieten erfolgt bereits ab Juli, vor allem jedoch im September. Die Ankunft an den deutschen Brutplätzen erfolgt überwiegend Anfang/Mitte Mai (Südbeck et al. 2005, Bairlein et al. 2014).
Fortpflanzung/Biologie
Die Geschlechtsreife erreichen Zwergdommeln wohl überwiegend erst im 3. Jahr. Es werden monogame Saisonehen eingegangen. Zwergdommeln führen meist eine Jahresbrut durch, bei Verlusten kann es aber zu Nachgelegen kommen. Die Männchen wählen den Brutplatz aus. Das aus dürren Zweigen und Halmen durch beide Partner gebaute, sperrig wirkende Nest wird gut versteckt in Wurzelstöcken von Schilf oder in der Knickschicht des Röhrichts bzw. im Gebüsch angelegt. Die Ablage der 5-7 Eier erfolgt meist von Mitte Mai bis Anfang Juli. Nach einer Brutdauer von 16-21 Tagen durch beide Partner schlüpfen die Jungvögel vor allem im Juli und August und werden anschließend von Männchen und Weibchen gefüttert. Das Nest wird meist nach 17-18 Tagen kletternd verlassen. Bis zum Flüggewerden mit 25-30 Tagen bleiben die Jungvögel jedoch noch in Nestnähe (Südbeck et al. 2005, Bauer et al. 2012, Martínez-Vilalta et al. 2024).
Gefährdung
Habitatverluste durch Zerstörung der Ufervegetation infolge von Verbauung, eine intensivierte Nutzung wie häufige Schilfmahd sowie die Verlandung von Flachwasserzonen durch Entwässerung und Grundwasserabsenkung stellen die größten Gefährdungen dar. Durch Gewässereutrophierung hervorgerufene Algenblüten wirken sich ebenfalls negativ aus. Veränderte Fischbewirtschaftung kann das Nahrungsangebot einschränken. Insbesondere während der Nestbauphase sind Zwergdommeln sehr störungsanfällig und damit durch Angel- und Badebetrieb sowie sonstige Freizeitnutzungen beeinträchtigt. In den Rast- und Überwinterungsgebieten wirken sich Dürren, Pestizideinsatz und Landverluste negativ aus (Bauer et al. 2012, Gedeon et al. 2014). Die Zwergdommel wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.
Schutz
Durch den Erhalt und Schutz sowie die Neugestaltung geeigneter Lebensräume mit gesichertem Mindestwasserstand in reich gegliederten Altschilfbeständen kann bei gleichzeitiger Schaffung ganzjährig störungsfreier Uferabschnitte das Angebot an Bruthabitaten erhöht werden. Durch eine Reduktion der Einträge von Umweltgiften bzw. Abwässern können bestehende Brutplätze vor der Zerstörung bewahrt werden. Vor allem in den Durchzugs- und Überwinterungsgebieten kommt einer Reduktion des Pestizideinsatzes eine hohe Bedeutung zu (Bauer et al. 2012).