Ästuarien
Flußmündungen ins Meer, solange noch regelmäßig Brackwassereinfluß (mit erkennbaren Anpassungen der Pflanzen und Tiere) und Tideneinfluß (nur Nordsee) besteht, mit Lebensgemeinschaften des Gewässerkörpers, des Gewässergrundes und der Ufer. Im Gegensatz zu den "flachen Meeresbuchten" besteht ein deutlicher süßwasserbeeinflußter Wasserdurchstrom. Ufervegetation ist mit eingeschlossen. Der Lebensraumtyp stellt einen Landschaftskomplex dar, der aus zahlreichen Biotoptypen bestehen kann.
Die EU-Kommission hat darauf hingewiesen, dass die Gebietsabgrenzung das gesamte Ästuar (hydrologische Einheit) umfassen soll. Süßwasser-Tidewatten können zum Ästuar gerechnet werden, sollten aber nicht als isolierte Teilgebiete gemeldet werden.
Beschreibung
Ästuare sind Flussmündungen ins Meer mit regelmäßigem Brackwasser-, in der Nordsee auch Tideneinfluss, mit den angrenzenden Ufer- und Überschwemmungsbereichen. Sie weisen Brackwasserröhrichte, Staudenfluren, brackige Watt- und Wasserflächen, Salzwiesen, Auengebüsche oder Tidenauwälder (Nordsee) auf. Süßwasser-Wattflächen können eingeschlossen sein.
Verbreitung
In Europa kommen Ästuare an allen Küsten in den Mündungsbereichen der großen Ströme in unterschiedlichen Ausbildungen z. B. als Delta, oder Trichtermündung vor. In der Ostsee sind manche Ästuare als von süßwasserdurchströmte Bodden ausgebildet (z. B. Peene, Saaler Bodden). Die großen Ästuare der Nordsee sind die Flussmündungen von Elbe, Ems und Weser.
Gefährdung
Hauptgefährdungen sind Fließgewässerausbau mit ihren Hafenanlagen, Wehre, Uferbefestigung, Fahrrinnenvertiefung, Ausdeichungen, Schifffahrt sowie Schad- und Nährstoffeintrag.
Schutz
Eine Reduzierung des Nährstoff- und Schadstoffeintrags ist nur in den Einzugsgebieten der Flüsse zu erreichen, wenn das gesamte Fließgewässersystem betrachtet wird. Durchgängigkeit und ggf. geeignete Trittsteine für wandernde Fischarten sind bei beeinträchtigen Ästuaren besonders wichtig. Ein Rückbau der Ausdeichungen ist, wo immer möglich, anzustreben.
Kartierungshinweise
Zum Ästuar werden alle Flächen der Flußmündungen und -unterläufe gezählt, die einem regelmäßigen Salz- oder Brackwassereinfluß unterliegen. An der Nordsee werden zu diesem Lebensraumtyp auch die Bereiche der Flußmündungen gestellt, die im Süßwasserbereich einem Tideeinfluß unterliegen (Süßwasser-Tidenwatt, Grenze: mittleres Tide-Hochwasser). Hierzu zählen neben dem eigentlichen Fließgewässer (einschließlich ev. vorhandener Fahrrinnen) alle von der Tide erreichten Flächen, wie Sände, Röhrichte, Rieder, Staudenfluren, die Tidenauenwälder der Ufer und die bei mittleren Niedrigwasser trockenfallenden Flächen. Im Bereich der Ästuare sind die entsprechenden Lebensraumtypen Schlammbänke und ihre Vegetation der Schlammigen Flußufer mit Vegetation des Chenopodion rubri und des Bidention (3270), Feuchte Hochstaudenfluren (6430) bzw. Auenwälder (91E0 und 91F0, Sonderfall der Tidenauenwälder) damit im Lebensraumtyp Ästuar integriert. Innerhalb des Gewässers befindliche Erhebungen (z.B. Inseln) die vom mittleren Tide-Hochwasser nicht erreicht werden sind entsprechend auszugrenzen. Die Abgrenzung der Ästuare in der Ostsee zu den Flachen Meeresarmen und -buchten und Lagunen erfolgt im Bereich der Bodden auf Grund der bestimmenden hydrologischen und -chemischen Verhältnisse. Bei der Zuordnung zu den Ästuaren muß der Einfluß des Fließgewässers bestimmend sein. Die seeseitige Abgrenzung ist durch den Süßwassereinfluß bestimmt. Da diese jedoch nicht exakt bestimmbar ist, wird i.d.R. eine pragmatische Abgrenzung auf der Grundlage einer gedachten Linie zwischen den am weitesten in das Meer ragenden Landmarken gewählt. Ästuare unterscheiden sich von Lagunen (1150) und Meeresarmen- bzw. -buchten (1160) durch den kontinuierlichen Durchstrom von Süßwasser.