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Bundesamt für Naturschutz

Ameisentest zum Schutz der Biodiversität

Biotechnologie
Biologische Vielfalt
Ressortforschung
Gentechnik
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
Pestizide oder gentechnisch veränderte Organismen können negative Effekte auf die Biodiversität haben. Das Projekt prüft, ob Ameisen sich als Testorganismen eignen, um diese Effekte erkennen zu können.
Projektregionen
Europa
Inhaltliche Schwerpunkte
Nachhaltige Nutzung
Zuständiges Fachgebiet
Fachgebiet I 3.2 Bewertung Synthetische Biologie, Vollzug und Gentechnikgesetz
Laufzeit
01.08.2020 - 30.11.2024
Finanzvolumen
453.000 €
Das Foto zeigt einen Blick in eine Kolonie der Ameisenart Camponotus maculatus, mit der im Vorhaben praktisch gearbeitet wurde. Zu sehen sind die Königin, Arbeiter und Larven.
Kolonie der Ameisenart Camponotus maculatus, mit der im Vorhaben praktisch gearbeitet wurde

Beschreibung

FKZ 3520840400

Hintergrund

Insekten sind eine der artenreichsten Tiergruppen, Nahrungsgrundlage für viele Arten und ein wichtiger Baustein der Biologischen Vielfalt. Mit der aktuellen Biodiversitätskrise werden viele Arten seltener oder sterben aus. Dies kann weitreichende negative Folgen für viele Ökosysteme haben. 

Ökotoxizitätstests werden bei der Zulassung von Pestiziden oder gentechnisch veränderten Organismen (GVO) genutzt, um negative Wirkungen auf Tiere oder Pflanzen schon im Labor erkennen zu können. Aktuelle Tests sind stark auf landwirtschaftliche Schutzgüter ausgerichtet. Die Europäischen Behörden haben daher bereits im Jahr 2016 empfohlen, neue Insektengruppen in die Ökotoxizitätstestung aufzunehmen, um Effekte auf die Biodiversität besser abschätzen zu können. 

Das aktuelle Projekt ist Teil der Forschung des BfN um neue Methoden für die GVO-Risikobewertung bereitzustellen.

Projekt

Das aktuelle Projekt untersucht, ob und wie die Effekte von Pestiziden oder insektenresistenter GVO auf Ameisen gemessen werden können. Mit dem Vorhaben soll die Frage geklärt werden, ob sich Ameisen bzw. Ameisenkolonien im Labor für Tests eignen, die Rückschlüsse auf eine Gefährdung im Freiland zulassen. 

Dafür wurde in einem ersten Schritt ermittelt, welche Ameisenarten in Habitaten leben, die mit der Landwirtschaft verbunden sind, und ob diese Arten sich gut im Labor halten lassen. Anschließend wurde analysiert, wie Ameisen mit Giftstoffen in Kontakt kommen (Expositionspfade) und wie die Nahrungsökologie die Aufnahme der Giftstoffe (Exposition) beeinflusst. 

Ameisenkolonien haben eine komplexe soziale Struktur mit Arbeitsteilung und unterschiedlichen Kasten. Basierend auf der Ökologie haben die Forschenden ein Konzept mit mehreren Stufen entwickelt, um negative Effekte auf Ameisenkolonien messen zu können. Das Konzept wurde in Teilen anschließend im Labor getestet.

Die Ergebnisse zeigen, dass Ameisen sich in der Art der Exposition von anderen Insekten und Gliedertieren unterscheiden, die in Zulassungsverfahren getestet werden (Pohl et al. 2024). Giftstoffe die normalerweise über Kontakt wirken, werden von Ameisen indirekt über Futtertiere aufgenommen und als Nahrung an andere Arbeiterinnen, Larven oder die Königin verfüttert. Ob Pestizide oder GVO die Ameisen und deren Kolonien schädigen ist damit bislang unsicher. Das Vorhaben zeigt jedoch, dass sich Ameisen sehr gut als Testorganismen für Ökotoxizität-Tests eignen, da sich ganze Kolonien auf kleinem Raum im Labor gut züchten und handhaben lassen. 

Die in den Versuchen verwendete Referenzsubstanz (das Neonicotinoid Imidachloprid) schädigte nachweislich Arbeiter, Larven und Geschlechtstiere verschiedener Ameisenarten. Die Weitergabe und Verteilung von Giftstoffen in der Kolonie spielen dabei eine wichtige Rolle, ebenso wie sogenannte subletaler Effekte (d.h. schädliche Effekte die sich nicht tödlich auf ein Tier auswirken). Zum Oktober 2024 lagen erste Tests mit zwei weiteren Substanzen vor: Das häufig zusammen mit GVO eingesetzte Herbizid „Roundup“ (Wirkstoff Glyphosat) zeigte deutliche negative Effekte auf die Entwicklung der Larven und das Verhalten von Arbeiterinnen, obwohl der Wirkstoff nur auf Pflanzen und nicht auf Tiere wirken sollte. Für ein aus insektenresistenten GV-Pflanzen extrahiertes Bt-Protein (Cry1Ab) stehen die endgültigen Ergebnisse noch aus, deuten jedoch auf keine Toxizität auf Arbeiterinnen hin. 

Ausblick

Ameisen eignen sich grundsätzlich gut als Testorganismen für ökotoxikologische Tests. Wie auch andere räuberische Insekten, nehmen Ameisen im Freiland Giftstoffe wie z.B. Pflanzenschutzmittel über andere Insekten auf, die mit den Giftstoffen in Kontakt gekommen sind. Diese Aufnahme über die Nahrung wird aktuell in Zulassungen nur unzureichend geprüft. Mögliche Folgen bleiben damit unerkannt. Die vorgeschlagene Testmethode kann beitragen diese Lücke zu schließen. Ameisentests könnten den Schutz vor Biodiversitätsschäden durch die Anwendung von Pestiziden oder GVO verbessern. Die Empfehlung ist daher, eine standardisierte Testmethode für Zulassungsverfahren von GVO und Pflanzenschutzmitteln zu entwickeln. 

Auftragnehmende

Westfälische Wilhelms-Universität (WWU)
Institute for Evolution & Biodiversity
Huefferstr. 1, 48149 Münster
0251 83-21095

Projektpartnerschaft

Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME
Auf dem Aberg 1, 57392 Schmallenberg
02972 302-0

Kontakt im BfN

Dr. Mathias Otto
Fachgebiet I 3.2 Bewertung Synthetische Biologie, Vollzug und Gentechnikgesetz
0228 8491-1861
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