Weltweiter Biodiversitätsverlust – Empfehlungen für naturverträglichen Konsum
Das Fallbeispiel Garnelen verdeutlicht, wie die Ausweitung intensiver Aquakulturanlagen zur Zerstörung wertvoller Mangrovenwälder führt. Der Garnelen-Konsum der EU ist in der letzten Dekade um 60% gestiegen, auf 404.000 Tonnen importierte Zuchtgarnelen in 2023. Ähnlich problematisch ist der Anbau von Soja, welches vor allem als Futtermittel für Tiere verwendet wird. EU-Sojaimporte waren 2022 allein in Brasilien für den Verlust von 125.000 Hektar naturnaher Ökosysteme durch Landumwandlung verantwortlich. Insgesamt werden für EU-Importe 4.8 Millionen Hektar Soja-Anbauflächen im globalen Süden benötigt – eine Fläche fast so groß wie die Slowakei – insbesondere in biodiversitätsreichen Regionen wie den Savannen des brasilianischen Cerrado. Das dritte Fallbeispiel ist Palmöl, dessen Anbau in tropischen Regenwäldern die Lebensräume zahlreicher Arten bedroht und aufgrund der Entwässerung von Torfmooren zu erheblichen CO₂-Emissionen führt. Der Palmöl-Anbau für den EU-Konsum beansprucht ca. 1.5 Millionen Hektar Land.
Die Studie zeigt, dass die gravierenden Auswirkungen des europäischen Konsums auf die biologische Vielfalt Ergebnis politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen sind – welche zugleich Hebel für eine naturverträgliche Konsumwende bieten. Sie belegt, wie die EU mit koordinierten, auf globale Gerechtigkeit ausgerichteten Maßnahmen ihren Biodiversitäts-Fußabdruck erheblich verringern kann. Hierfür sollten regulatorische, fiskalische, marktbasierte, freiwillige und handelspolitische Instrumente kombiniert werden.
Empfehlungen aus der Studie umfassen beispielsweise eine wirksame und sozialverträgliche Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung (VO (EU) 2023/1115) sowie die baldige Verabschiedung der EU-Richtlinie über Umweltaussagen (Green Claims Directive). Naturschädigende Subventionen sollten abgeschafft oder reformiert und dafür Anreize für nachhaltigere Konsumentscheidungen, beispielsweise für eine pflanzenbetontere Ernährung gesetzt werden. Der große Hebel, den die öffentliche Beschaffung bietet, sollte genutzt werden, indem verpflichtende Biodiversitäts-Kriterien festgelegt werden. Nicht zuletzt sollten Maßnahmen zur Reduktion von Überkonsum und Förderung von Suffizienz ergriffen werden, als Grundvoraussetzung für ein gutes Leben innerhalb der planetaren Grenzen.
Hintergrund
Die Studie wurde im Rahmen des Projekts „Konsum naturverträglich gestalten“ entwickelt und durch mehrere Factsheets und Policy Briefs ergänzt. Umgesetzt wurde das Forschungs- und Entwicklungsprojekt durch das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und das ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg, im Auftrag das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN). Die Projektergebnisse werden am 3. November in einer internationalen Online-Konferenz vorgestellt, die gemeinsam mit der internationalen Arbeitsgruppe „Biodiversität & Konsum“ des One Planet Network der Vereinten Nationen ausgerichtet wird.