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Bundesamt für Naturschutz

FFH Verträglichkeitsprüfung

Die FFH-Verträglichkeitsprüfung ist das zentrale Schutzinstrument des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Pläne und Projekte sind vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen Natura 2000-Gebietes zu überprüfen.

FFH-Verträglichkeitsprüfung 

Prüfung der Verträglichkeit

Für Pläne (z.B. einen Bebauungsplan) oder Projekte (z.B. eine Bundesfernstraßenplanung), die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten ein Gebiet des Netzes "Natura 2000" (FFH-Gebiete und EU-Vogelschutzgebiete) erheblich beeinträchtigen können, schreibt Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie bzw. § 34 des Bundesnaturschutzgesetzes die Prüfung der Verträglichkeit dieses Projektes oder Planes mit den festgelegten Erhaltungszielen des betreffenden Gebietes vor. 

FFH-Vorprüfung

Insofern ist für Pläne und Projekte zunächst in einer FFH-Vorprüfung i.d.R. auf Grundlage vorhandener Unterlagen zu klären, ob es prinzipiell zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebietes kommen kann. Sind erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich auszuschließen, so ist eine vertiefende FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Die Entscheidung ist lediglich nachvollziehbar zu dokumentieren. Grundsätzlich ist es dabei jedoch nicht relevant, ob der Plan oder das Projekt direkt Flächen innerhalb des Natura 2000-Gebietes in Anspruch nimmt oder von außen auf das Gebiet einwirkt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen nicht mit Sicherheit auszuschließen, muss zur weiteren Klärung des Sachverhaltes eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 ff. BNatSchG durchgeführt werden. Grundsätzlich gilt im Rahmen der Vorprüfung ein strenger Vorsorgegrundsatz, bereits die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung löst die Pflicht zur Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus. 

FFH-Verträglichkeitsprüfung 

Die FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgt auf der Basis der für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele. Zentrale Frage ist, ob ein Projekt oder Plan zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Prüfgegenstand einer FFH-VP sind somit die:

  • Lebensräume nach Anhang I FFH-RL einschließlich ihrer charakteristischen Arten,
  • Arten nach Anhang II FFH-RL bzw. Vogelarten nach Anhang I und Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-Richtlinie einschließlich ihrer Habitate bzw. Standorte sowie
  • biotische und abiotische Standortfaktoren, räumlich-funktionale Beziehungen, Strukturen, gebietsspezifische Funktionen oder Besonderheiten, die für die o.g. Lebensräume und Arten von Bedeutung sind.

Beurteilung der Erheblichkeit

Den entscheidenden Bewertungsschritt im Rahmen der FFH-VP stellt die Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigungen dar. Die Erheblichkeit kann immer nur einzelfallbezogen ermittelt werden, wobei als Kriterien u.a. Umfang, Intensität und Dauer der Beeinträchtigung heranzuziehen sind. Rechtlich kommt es darauf an, ob ein Projekt oder Plan zu erheblichen Beeinträchtigungen führen kann, nicht darauf, dass dies nachweislich so sein wird. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintretens erheblicher Beeinträchtigungen genügt, um zunächst die Unzulässigkeit eines Projekts oder Plans auszulösen. 

In der Praxis stellt die Bestimmung der Erheblichkeit ein zentrales Problem dar. Das Bundesamt für Naturschutz hat daher zu diesem Thema im Jahr 2001 ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben vergeben, in dem konkrete Hinweise zur Ermittlung erheblicher Beeinträchtigungen im Sinne des § 34 BNatSchG erarbeitet wurden. Die Ergebnisse dieses Vorhabens sind im Forschungsbericht (Lambrecht et al. 2004) veröffentlicht. Die darin u.a. enthaltenen Fachkonventionsvorschläge zur Beurteilung der Erheblichkeit bei direktem Flächenentzug in nach den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes geschützten Lebensraumtypen bzw. Habitaten von Tierarten wurden in den Folgejahren evaluiert, auf Grundlage der neuen Daten zur Gebietsmeldung aktualisiert und basierend auf einem breiten, mehrstufigen Beteiligungs- und Abstimmungsprozess methodisch weiter entwickelt. 

Diese Fachkonventionen (Lambrecht & Trauter, 2007) stellen somit eine auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Methode zur fachlichen Ausfüllung des Erheblichkeitsbegriffs dar. Sie bieten einen differenzierten und validen Orientierungsrahmen für die Beurteilung entsprechender Lebensraumverluste im jeweiligen Einzelfall und sind für ihren Anwendungsbereich als Stand von Wissenschaft und Praxis anzusehen.

Die Fachkonventionen wurden inzwischen vielfach in FFH-Verträglichkeitsprüfungen in der Praxis angewandt, von der LANA wohlwollend zur Kenntnis genommen (14.09.2007), in Leitfäden empfohlen und in der Rechtsprechung u. a. des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt (vgl. z. B. BVerwG v. 12.03.2008, Az. 9 A 3.06, u.a. Rn. 125; BVerwG v. 09.07.2008, Az. 9 A 14.07, u.a. Rn. 64; BVerwG v. 13.05.2009, Az. 9 A 73.07, u.a. Rn. 50; Niedersächsisches OVG v. 10.11.2008, Az. 7 KS 1/05, S. 26f.; Bay. VGH v. 30.09.2009, Az. 8 A 05.40050, Rn. 61ff.; Bay. VG Regensburg v. 22.02.2010, Az.: RO 2 K 08.491, S. 44ff.; VG Dresden v. 30.10.2008, Az. 3 K 923/04, S. 68f.). Auch in der jüngeren Rechtsprechung des BVerwG, z. B. zur A 33 (BVerwG, Urt. v. 6.11.2012, Az. 9 A 17.11, Rn. 46 f.) oder zur A 49 (BVerwG, Urt. v. 23.04.2014, Az. 9 A 25.12, z. B. Rn. 66) werden die Fachkonventionen grundsätzlich auch für den Bereich der Tierarten sowie für die Anwendung bei graduellen Funktionsbeeinträchtigungen (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 12.06.2019, Az. 9 A 2.18, Rn. 67) bestätigt.

Im Hinblick auf Pflanzenarten nach Anhang II FFH-RL war es erforderlich zu klären, wie die Erheblichkeit bei Habitatverlusten – unter Berücksichtigung der Fachkonventionen von (Lambrecht & Trautner 2007) zu Lebensraumtypen und Tierarten – bewertet werden kann. Es wurde ein Fachkonventionsvorschlag speziell für die Pflanzenarten vorgelegt, der grundsätzlich analog zu denen zu LRT und Tierarten aufgebaut ist, aber die Besonderheiten dieser Arten berücksichtigt (Ackermann et al. 2020).

Zur Beurteilung weiterer Wirkprozesse und projektbedingter Beeinträchtigungen kann das Fachinformationssystem des BfN zur FFH-Verträglichkeitsprüfung (kurz: FFH-VP-Info) herangezogen werden. In FFH-VP-Info werden Daten und Informationen systematisch aufbereitet und verfügbar gemacht, die im Rahmen einer FFH-VP benötigt werden. Insbesondere die zu den Lebensraumtypen und Arten ausgewerteten Quellen sind in entsprechenden Datenbank-Steckbriefen nach einheitlichen Kriterien und Gesichtspunkten dokumentiert und bewertet. Nutzer haben über art- und lebensraumspezifische Rechercheoptionen schnelle Zugriffsmöglichkeiten auf die fachwissenschaftlichen Informationen, Erkenntnisse und Einschätzungen zur Ermittlung und Bewertung von Beeinträchtigungen.

FFH-Ausnahmeprüfung

Führt ein Projekt bzw. ein Plan einzeln oder aber erst im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen, ist eine abweichende Zulassung im Rahmen einer FFH-Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3-5 BNatSchG möglich, soweit:

  • das Projekt bzw. der Plan aus den gesetzlich geforderten Gründen eines öffentlichen Interesses zwingend notwendig ist und die konkret betroffenen Natura 2000-Belange nachweislich überwiegt, 
  • zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt bzw. Plan verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind und 
  • die in funktionaler, zeitlicher und räumlicher Hinsicht fachlich erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Natura 2000-Netzes qualitativ und quantitativ in hinreichender Form vorgesehen bzw. umgesetzt wurden.

Da der Artikel 6 bei der Verwaltung der Gebiete eine entscheidende Rolle spielt, hat die Europäische Kommission verschiedene Interpretationaleitfäden für diesen Artikel herausgegeben.

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